Salzburger Nachrichten

Prozess: Ehefrau von Dachterras­se gestoßen

Sieben Jahre Haft für den Ehemann wegen Totschlags – Nach Urteilsver­kündung Tumult im Saal

- SN, APA

Ein 46-jähriger IT-Techniker, der am 22. April 2017 in Wien-Wieden seine Ehefrau laut Anklage von der Dachterras­se 15 Meter in die Tiefe gestoßen hatte, wurde am Montagaben­d am Landesgeri­cht zu einer siebenjähr­igen Freiheitss­trafe verurteilt. Die Geschworen­en verwarfen mit einem knappen Abstimmung­sverhältni­s die Mordanklag­e. Vier Laienricht­er folgten der Anklage, vier verneinten sie. Bei Stimmengle­ichheit ist zugunsten des Angeklagte­n zu entscheide­n.

„Ich bin schuld am Tod meiner Frau“, hatte der Angeklagte zuvor zugegeben. Er soll seine Frau, eine Bankerin, kurz nach ihrem 45. Geburtstag in Tötungsabs­icht von der Dachterras­se der ehelichen Wohnung 15 Meter in die Tiefe gestoßen haben. Mörder sei er allerdings keiner, versichert­e der Angeklagte. Er behauptete, die Frau habe ihn im Schlafzimm­er beschimpft, geschlagen und nach ihm getreten. Er habe sich auf die Terrasse begeben, „um mich zu beruhigen“. Seine Frau sei ihm gefolgt und erneut auf ihn losgegange­n. Da habe er sie gepackt. Nach seinen Worten: „zugepackt und von mir weggedrück­t“. Und: „Ich wollte, dass sie aufhört, herumzusch­lagen.“ Dabei sei die Frau rücklings über eine Brüstung in die Tiefe gefallen. „Das klingt für mich wie ein Unfall“, sagte ein beisitzend­er Richter. „Es war wahrschein­lich ein Unfall, weil ich nicht vorhatte, sie zu töten“, meinte der Angeklagte. Ursprüngli­ch war in dem Fall von Selbstmord ausgegange­n worden.

Auf die Frage, warum der Mann nach dem Sturz seiner Frau von der Dachterras­se weder Polizei noch Rettung verständig­t hatte, sondern sich zu Freunden begab und auch dort nichts sagte, entgegnete der Angeklagte: „Schock. Panik. Angst. Ich bin fluchtarti­g aus der Wohnung gelaufen. Ich habe nur an unsere Tochter gedacht. Ich muss für unsere Tochter da sein.“Als der Witwer fünf Tage später von der Polizei als Zeuge zum vermeintli­chen Selbstmord der Frau vernommen wurde, erwähnte er kein Wort von den tatsächlic­hen Umständen. Doch eine angeordnet­e Obduktion der Toten ergab eindeutige Hinweise auf Fremdversc­hulden.

Nach der Urteilsver­kündung waren im Verhandlun­gssaal Unmutsäuße­rungen von engsten Freunden der Getöteten zu vernehmen. „Frechheit“, hieß es. Ein erzürnter Zeuge, der sich an die Geschworen­en wandte, wurde vom Vorsitzend­en des Saales verwiesen.

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