Hirscher stiehlt Abfahrern die Show
Mit dem ersten Training beginnen heute die 78. Hahnenkammrennen – und Marcel Hirscher macht möglich, was einst undenkbar schien: Ein Slalomfahrer steht im Mittelpunkt.
KITZBÜHEL. Der Mann, der die Hahnenkammwoche ganz entscheidend mitprägen wird, ist noch gar nicht in Kitzbühel, wenn am heutigen Dienstag das erste Abfahrtstraining angesetzt ist: Marcel Hirscher trainiert nach einem freien Montag am heutigen Dienstag und am Mittwoch noch auf der Reiteralm und wird erst am Donnerstagnachmittag zu seinem ersten PR- und Medientermin nach Kitzbühel reisen. Erst dann wird entschieden, wie das weitere Programm aussieht und wann er wieder zurückkommt – denn Hirschers Rennen steht erst am Sonntag auf dem Ganslernhang an. Das ist wieder ein besonderes Rennen: Mit einem Sieg in dem Weltcupslalom kann er mit Österreichs Rekordhalter Hermann Maier gleichziehen – dann hätten beide je 54 Weltcupsiege zu Buche stehen.
Wenngleich ein Detail noch zu ergänzen ist: Maier selbst zählt für sich ja immer 55 Weltcupsiege, weil ihm einst in Val d’Isère (14. Dezember 1997) sein sportlich einwandfrei errungener Sieg durch eine kuriose Disqualifikation genommen worden war – Maier schnallte die Ski vor der roten Linie im Zielraum ab.
Egal ob 54 oder 55 Siege: Hirscher kann an diesem Wochenende ein weiteres Kapitel heimischer Skigeschichte schreiben. Dass der Fokus zu Wochenbeginn auf einen Slalomfahrer gerichtet ist, das hätte man im Abfahrtsmekka Kitzbühel auch nicht für möglich gehalten – und der legendäre Abfahrtstrainer „Charly“Kahr, der die Slalomfahrer immer nur abfällig als „Zickzackfahrer“tituliert hat, wird die Welt nicht mehr verstehen.
Doch so ganz kann sich Hirscher den Gesetzmäßigkeiten einer Hahnenkammwoche nicht entziehen. Ruhige Minuten wird es für ihn in Kitzbühel keine geben. „Kitzbühel ist speziell für uns Österreicher extrem stressig“, meinte er im Vorfeld, weswegen er seine Anwesenheit in dem Ort reduzieren will.
Aber im Unterschied zu den weiteren heimischen Slalomfahrern wohnt Hirscher auch im Hotel der Abfahrer mitten in Kitzbühel und nicht im nahen Oberndorf, wohin sich die Slalomfahrer in den letzten Jahren wegen des Rummels gern verzogen haben. „Es ist noch mühsamer, jeden Tag mit dem Auto ein Mal oder mehrmals nach Kitzbühel zu fahren.“
Los geht es aber wie gewohnt mit den Abfahrern – und das am heutigen Dienstag noch früher als erwartet: Weil die Schlechtwetterfront gegen Mittag die Alpen erreichen soll, wurde das Training auf 10.15 Uhr vorverlegt. Für Mittwoch ist dann Schneefall vorhergesagt, da hat die Jury schon das Training gestrichen, um die Piste zu schonen. Damit kommt dem Training am Donnerstag eine große Bedeutung zu, denn nachdem der Schneefall die Piste verändern wird, werden das die Bedingungen sein, die auch am Renntag (Samstag/11.15) vorherrschen. Hirscher verfolgt den Wetterbericht aus eigenem Interesse: Denn seine Stärke liegt auf eisigem Untergrund – und am Sonntag gewann er in Wengen fast spielerisch jenen Slalom, bei dem es zum ersten Mal in diesem Winter richtig eisig war.
In Kitzbühel hat Hirscher zwei Mal gewonnen (2013, 2017) – damit ist er hier genau so erfolgreich wie Thomas Stangassinger, Thomas Sykora oder Alberto Tomba.