Der Ski wird zur Werbeplattform
Das Wassertechnologie-Unternehmen BWT feierte seinen ersten Weltcupsieg als Skiausrüster. Weitere Sponsoren könnten diesem Beispiel aus dem Springerzirkus folgen.
MICHAEL UNVERDORBEN
SALZBURG. Stellen Sie sich vor, Marcel Hirscher gewinnt nicht auf Atomic, sondern auf knallgelben Raiffeisen-Ski. Oder Anna Veith fährt nicht länger für Head, sondern für ihren Hauptsponsor Milka. Das Szenario klingt freilich verwegen – und dennoch bahnt sich eine solche Revolution an.
Die Ski als Werbeplattform zu benutzen, das ist im Springerzirkus inzwischen gang und gäbe. Die Online-Buchungsseite Fluege.de hat den deutschen Skiproduzenten Germina gekauft, die slowenische Bindungsfirma Slatnar hat Elan übernommen, Marktführer Fischer schafft mit Löffler-Ski hauseigene Konkurrenz und seit Neuestem gehört auch BWT ein Stück von dem Kuchen. Das in Mondsee ansässige Wassertechnologie-Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 610 Millionen Euro, das bereits in der Formel 1 die Force-India-Boliden in Rosa getaucht hat, sponsert seit dieser Saison die Skisprung-Latten mehrerer Adler und feierte beim Skifliegen am Kulm seinen ersten Weltcupsieg (durch den Norweger Andreas Stjernen).
Die FIS erkannte BWT bei ihrem letzten Kongress in Portorož mit einer Sonderregelung als SprungskiProduzent an – und stieß damit eine Tür auf, die ungeahnte Möglichkeiten bietet. BWT kauft Fischer-Ski zu, überzieht sie mit dem rosaroten Werbebanner und voilà, schon ist man eine Skimarke.
Der Internationale Skiverband ist nun am Zug. Will man den Ski künftig generell für Sponsoren öffnen? Oder bleiben die traditionellen Hersteller die einzig anerkannten Ausrüster? Beim FIS-Kongress im Frühjahr 2018 steht das Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Schiebt man der Einflussnahme von externen Ski-Sponsoren keinen Riegel vor, könnte jeder Athlet ohne exklusiven Skivertrag – von den Alpinen bis zum Langlauf – künftig mit einem „branchenfremden“Ski unterwegs sein. Die Entscheidung treffen die 16 Mitglieder im FIS-Council, in dem auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sitzt.
Im Skispringen ist man da schon einen Schritt weiter. Und es war die Firma Fischer selbst, die in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Sportmarketing-Unternehmen WWP (Weirather Wenzel & Partner) diesen Stein ins Rollen gebracht und damit womöglich eine Revolution im Skisektor losgetreten hat. Fischer ist im Springerzirkus omnipräsent, was in den vergangenen Jahren allerdings dazu führte, dass es keine Markendifferenzierung mehr gegeben habe, erklärt Franz Neuländtner. Der Ex-ÖSV-Adler verantwortet für Fischer den Bereich Sprunglauf und sieht in der Kooperation mit BWT eine Winwin-Situation. „Wir betreiben unser Engagement nicht, um ein paar Skisprungski am Markt zu verkaufen, sondern zur Imagepflege der Marke. Aber wenn keine Produktunterscheidung mehr vorhanden ist, macht das wenig Sinn. Um unser Engagement aufrecht halten zu können, muss man über den Tellerrand hinausschauen. Es braucht eine gewisse Buntheit, um den Sport in Zukunft breiter machen zu können“, sagt Neuländtner.
Neben BWT interessierten sich auch andere namhafte Unternehmen dafür, als offizieller Skiausrüster aufzutreten. Das Paket, das geschnürt wurde, habe letztlich für das weltweit tätige Wassertechnologie-Unternehmen gesprochen, heißt es von Weirather Wenzel & Partner. BWT-Marketingleiter Lutz Hübner betont: „Wir sind stolz auf die Zusammenarbeit mit Fischer. Für uns ist das Engagement die logische Fortführung medialer Präsenz im Sportsponsoring. Ziel ist eine dauerhafte Markenpräsenz.“
Insgesamt produziert Fischer pro Jahr etwa 1500 Skisprung-Ski, für insgesamt 20 BWT-Athleten aus Norwegen, Polen, Tschechien und Japan werden sie in Rosa statt Gelb gefertigt. Franz Föttinger, CEO bei Fischer Sports, bewertet die Partnerschaft wie folgt: „Auf dieser Basis werden wir unsere führende Rolle als Ausrüster im nordischen Skisport, insbesondere im Sprunglauf, weiter festigen. Eine Konkurrenz im eigenen Haus sehen wir nicht, denn unsere Ressourcen sind ausreichend groß, um in Zukunft zwei Rennställe mit erstklassigem Material zu versorgen.“
Gespannt verfolgt man bei Fischer und der vermittelnden Agentur WWP die Entscheidungsfindung im Internationalen Skiverband. Ist der Ski nun ein Ausrüstungsgegenstand oder eine Werbefläche? Und wem gehört die eigentlich? „Es haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine Reihe von Sonderreglungen angesammelt. All diese Ausnahmen wird die FIS bei ihrem Kongress im Frühjahr bewerten und dann das Reglement niederschreiben“, erklärt Walter Hofer, der FIS-Renndirektor im Skispringen.
Vor allem in seinem Sport, wo jeder Athlet erst in Echtzeit und danach in Zeitlupe sekundenlang einem Millionenpublikum im Fernsehen gezeigt wird, ist der Ski als „fliegende Werbeplattform“durchaus attraktiv. Theoretisch gilt das auch für den Alpinsektor, wo die Voraussetzungen ähnlich sind. Ob Marcel Hirscher jemals mit dem Giebelkreuz anstatt des Atomic-Logos auf seinem Ski fahren wird, muss dennoch bezweifelt werden.
„Es gab keine Markendifferenzierung mehr im Skispringen.“ Franz Neuländtner, Fischer