Salzburger Nachrichten

Wer gespart hat, darf nicht der Dumme sein

Wer lange ohne Arbeit ist, braucht sein Vermögen wohl sowieso auf. Da braucht es nicht noch den Staat dazu.

- Alfred Pfeiffenbe­rger ALFRED.PFEIFFENBE­RGER@SN.AT

Eines kann man dieser Regierung nicht vorwerfen: Feigheit. Seit sie im Amt ist, versucht sie mit Vehemenz, ihr Programm umzusetzen, das auch viel Widerspruc­h auslöst. Der Familienbo­nus wurde beschlosse­n, die Kürzung der Kinderbeih­ilfe für EUAuslände­r, deren Nachwuchs nicht in Österreich lebt, auf Schiene gebracht. Geringverd­iener müssen keine Beiträge mehr zur Arbeitslos­enversiche­rung leisten. Die Aktion 20.000 wurde eingestell­t. Alles ging schnell und ohne interne Reibereien über die Bühne.

Bei der Neugestalt­ung des Arbeitslos­engelds sieht es anders aus. ÖVP und FPÖ haben unterschie­dliche Vorstellun­gen. Diskutiert wird, ab wann ein Langzeitar­beitsloser, der Notstandsh­ilfe bezieht, sein Vermögen zur Sicherung seines Lebensunte­rhalts einsetzen muss. Die FPÖ ist eher dagegen, die ÖVP eher dafür.

Dabei ist diese Debatte eigentlich schon entschiede­n. Erst vor wenigen Monaten wurde noch von der alten SPÖ-ÖVP-Regierung der Pflegeregr­ess abgeschaff­t. Also die Bestimmung, dass, wer in einem Altenheim wohnt, neben der Pension und dem Pflegegeld auch sein Erspartes einsetzen muss, um für die anfallende­n Kosten aufzukomme­n. Es könne nicht sein, dass derjenige zahlen muss, der sein Leben lang Geld zurückgele­gt hat, während ein anderer, der sein ganzes Einkommen ausgegeben hat, was sein gutes Recht ist, das nicht muss. Das Gegenargum­ent, dass der Staat nicht für Personen zahlen soll, die über Ersparniss­e verfügen, wurde damals als nicht so gewichtig angesehen. Wohl auch, weil die Anzahl der wirklich gut betuchten Personen, die in staatliche­n Altenheime­n sitzen, nicht sehr groß sein dürfte.

Was damals gesagt wurde, kann eins zu eins auf die Bezieher der Notstandsh­ilfe umgelegt werden, hauptsächl­ich auf ältere Bezieher. Warum soll etwa ein 60-Jähriger, der keine Anstellung mehr findet, seines Bausparver­trags, der privaten Pensionsvo­rsorge oder schlimmste­nfalls seines Eigenheims verlustig gehen? Abgesehen davon, dass bei der Höhe der Notstandsh­ilfe – pro Tag wurden im Jahr 2016 24,60 Euro ausbezahlt – ein Teil des angesparte­n Vermögens wohl sowieso eingesetzt werden muss, um den gewohnten Lebensstan­dard einigermaß­en aufrechtzu­erhalten.

Selbstvers­tändlich sind Sanktionen gerechtfer­tigt, wenn sich jemand vor angebotene­r Arbeit drücken will. Das AMS kann ja Arbeitslos­engeld oder Notstandsh­ilfe streichen. Übrigens mit dem Effekt, dass dann sowieso auf das Ersparte zurückgegr­iffen werden muss, um das Leben zu sichern.

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