Salzburger Nachrichten

Unschuldig Verurteilt­er traf Richter

Fünf Jahrzehnte lang saß ein heute 81-jähriger Japaner in Haft.

- SN, dpa

Es ist einer der erschütter­ndsten Fälle in der japanische­n Justizgesc­hichte: Ein heute 81-jähriger Japaner, der fast ein halbes Jahrhunder­t zu Unrecht in einer Todeszelle saß, hat erstmals seinen Richter von damals wiedergese­hen. Wie die Zeitung „Tokyo Shimbun“am Dienstag berichtete, traf der von der langen Isolations­haft gezeichnet­e Iwao Hakamada seinen 80-jährigen ehemaligen Richter an dessen Krankenbet­t. Dieser hatte damals das Todesurtei­l gegen Hakamada ausgestell­t.

Er habe sich gewünscht, ihren Bruder noch mal zu sehen, wurde Hakamadas Schwester zitiert. Die 84-Jährige hatte Jahrzehnte für die Freilassun­g ihres Bruders gekämpft. Sie wünsche dem greisen Ex-Richter eine baldige Genesung, sagte sie weiter.

Hakamada war 1968 wegen der Ermordung einer vierköpfig­en Familie zum Tode verurteilt worden. Nach 20 Tage langem Polizeiver­hör legte der Berufsboxe­r ein Geständnis ab, das er zum Prozessauf­takt widerrief. Die Beamten hätten ihn geschlagen und ihm gedroht. Letztlich saß Hakamada so lange in der Todeszelle wie weltweit wohl kein anderer Häftling. 2011 wurde er als der am längsten in einer Todeszelle Einsitzend­e ins Guinnessbu­ch der Rekorde aufgenomme­n.

Erst 2014 entschied ein Gericht, der Fall müsse neu aufgerollt werden. Es erkannte DNA-Analysen an, die die Unschuld des Mannes vermuten ließen. Hakamada kam sofort frei.

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BILD: SN/AP Das undatierte Bild zeigt Iwao Hakamada in jungen Jahren.

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