Osteuropa bleibt für Banken attraktiv
Die Region wächst weiter deutlich stärker als der Westen, das treibt die Nachfrage nach Krediten. Zudem ist Osteuropa für viele Institute die Probebühne für digitale Bankdienstleistungen.
WIEN. Für viele Länder Zentral- und Osteuropas war 2017 wirtschaftlich betrachtet das beste Jahr seit Beginn des Jahrzehnts. Und die Zeichen, dass sich dieser Trend fortsetzt, stehen sehr gut. Auch wenn sich die wirtschaftliche Dynamik 2018 und 2019 in manchen Ländern leicht abkühlt, wird das Wirtschaftswachstum mit Ausnahme von Russland und Kroatien in der gesamten Region mehr als 3 Prozent betragen.
Für die in der Region tätigen Banken sind das gute Nachrichten. 2017 war das zweite Jahr in Folge, in dem der gesamte Bankensektor Gewinne erzielte, sagte Carlo Vivaldi, der die Osteuropa-Division der italienischen Großbank und Bank-AustriaMutter UniCredit leitet.
Für heuer und 2019 werden ähnlich gute Ergebnisse wie 2017 erwartet. Die Rendite auf das gesamte Kapital soll mit durchschnittlich 1,3 Prozent rund drei Mal so hoch sein wie in Westeuropa. Das ist nicht zuletzt auch den geringeren Kosten zu verdanken. UniCredit weist in Osteuropa eine Cost-Income-Ratio von 35 Prozent aus, in der Gruppe ist sie um rund 20 Prozentpunkte höher.
Als Treiber des Wachstums in der Region erweist sich die robuste Kreditnachfrage. Die werde sich zwar in den Ländern, die 2017 besonders hohe Zuwächse erzielten, wie die Türkei, die Slowakei, Tschechien oder Rumänien, etwas abbremsen, sagte UniCredit-Chefstratege Mauro Giorgio Marrano. Dafür werde sich das Kreditwachstum in anderen Ländern beschleunigen.
Ein entscheidender Beitrag zur Erholung des Bankensektors war neben der guten Konjunktur die gestiegene Qualität des Kreditportfolios. Institute haben sich in großem Stil von schlechten Krediten getrennt, der Anteil der Non-performing-loans (Kredite, für die 90 Tage lang weder Zinsen noch Tilgungen gezahlt werden) ist mit Ausnahme Rumäniens in den einstelligen Prozentbereich gesunken. Zudem waren die Banken beim Eintreiben von Schulden konsequenter.
Was Osteuropa darüber hinaus für die Banken sehr attraktiv macht, ist, dass viele Länder eine sehr hohe Durchdringung sowohl bei Internetanschlüssen als auch im Mobilfunk aufweisen. Das mache die Region zu einem „idealen Testfeld“für neue digitale Bankdienstleistungen, sagte Vivaldi. Was die Verbreitung des Online-Banking angeht, liegt die Region noch unter dem EUDurchschnitt, holt aber beständig auf. Einige Länder liegen in dieser Hinsicht deutlich besser als Italien.
Dazu kommt der steigende Wohlstand, das Finanzvermögen der privaten Haushalte hat sich im vergangenen Jahrzehnt im Durchschnitt fast verdoppelt. Damit liegt es aber immer noch erst bei einem Zehntel des Vermögens der Haushalte in Österreich, Italien und Deutschland.
Auch die Zusammensetzung des Finanzvermögens eröffne Chancen für ertragreiche Geschäfte der Banken, sagte Marrano. Während Kunden im Westen rund ein Drittel ihres Vermögens bar halten, sind es in Osteuropa fast zwei Drittel, in der Altersvorsorge sowie bei Wertpapieren gebe es noch Aufholbedarf.
Ein mögliches Risiko ist laut Marrano eine Änderung des Niedrigzinsumfelds, die könnte in einigen Ländern die Profitabilität drücken. Regional betrachtet sind die Aussichten für Russland wegen fehlender Reformen gedämpft, ebenso für die Türkei. Zudem bleibe die Region davon abhängig, dass Finanzmittel der EU fließen. Davon profitierten auch Banken, die Unternehmen mit Produkten Zugang zu Förderungen und Krediten verschaffen können.
„Die Region ist ein Motor für Wachstum.“ Carlo Vivaldi, Leiter der CEE-Division