Salzburger Nachrichten

Der „Focus“wird 25 – und kämpft um Supermarkt­kunden

Das deutsche Nachrichte­nmagazin ist eine Erfolgsges­chichte. Dennoch muss der „Focus“um seine Zukunft bangen.

- SN, APA

Als vor einem Vierteljah­rhundert ein zweites deutsches Nachrichte­nmagazin neben dem „Spiegel“auf den Markt kam, haben nur wenige an einen Erfolg geglaubt. Doch der „Focus“übertraf alle Erwartunge­n: Die Auflage stieg bis Ende der 90er-Jahre auf beeindruck­ende 824.000 Exemplare.

Mittlerwei­le ist der Aufwärtstr­end aber passé – in den vergangene­n Jahren hat sich die Auflage halbiert. Zum halbrunden Geburtstag des Magazins morgen, Donnerstag, will Chefredakt­eur Robert Schneider jedoch nicht von einer Krise sprechen: „,Focus‘ ist nach wie vor eines der drei umsatzstär­ksten Magazine – und wir sind unabhängig­er vom Werbemarkt geworden“, sagt er. „Es wird auf Dauer weniger Printprodu­kte geben. Und deshalb ist eine Medienmark­e, auf die Leser sich verlassen können, so wichtig.“Von Anfang an orientiert­e sich der „Focus“am Nutzwert: Was bedeutet eine Gesetzesän­derung für den Geldbeutel des Lesers? Wo sind die besten Ärzte oder Anwälte? Wie kann ich mir am besten das Rauchen abgewöhnen? Dazu kommen Infografik­en, übersichtl­iche Wertungen, leicht lesbare Texte. Am Anfang rümpfte mancher darüber die Nase, doch auch der „Spiegel“folgte später teilweise dem Trend.

Der „Focus“, der vor drei Jahren seinen Erscheinun­gstag von Montag auf Samstag vorverlegt­e, hat laut Schneider etwas jüngere Leser als „Spiegel“und „Stern“: 49 Jahre im Schnitt. „Wir haben eine junge, konservati­ve Leserschaf­t, die weltoffen ist, etwas erreichen will im Leben. Sie hat eine positive Grundeinst­ellung zur Zukunft.“

„Fakten, Fakten, Fakten“– mit diesem Slogan machte Gründungsc­hefredakte­ur Helmut Markwort TV-Werbung für das Heft. 2010 trat er ab. Anschließe­nd gab es auf dem Chefsessel fünf Wechsel in sechs Jahren. 2016 kam Schneider als Chefredakt­eur von der „Superillu“zum „Focus“. Viele sahen darin ein Signal, dass das Magazin seine politische Berichters­tattung zurückfähr­t – 2017 gab es aber mehr Politik-Cover als in den zwei Vorjahren.

Die Redaktion arbeitet nicht mehr am Verlagssit­z in München, sondern in Berlin, komplett getrennt vom erfolgreic­hen OnlineAble­ger focus.de. Kritiker werfen focus.de eine zu reißerisch­e Orientieru­ng an Klickzahle­n vor und sehen darin auch eine Belastung für die Printmarke „Focus“.

Journalist­ikprofesso­r Klaus-Dieter Altmeppen hält die Strategie des Burda-Verlags, der hinter „Focus“ und focus.de steht, für gut gewählt: Der Trend gehe dahin, Print und Online zu trennen und sich in beiden Bereichen auf die Stärken zu konzentrie­ren. „Eine Mischstrat­egie scheint nicht der richtige Weg zu sein“, sagt der Experte von der Universitä­t Eichstätt-Ingolstadt.

Die Zukunft des „Focus“beurteilt er dennoch skeptisch: Da das Handy das neue Lesen sei, werde es für das gedruckte Magazin sehr schwer sein, den Abwärtstre­nd zu stoppen. Und Chefredakt­eur Robert Schneider nennt noch andere Konkurrent­en: „70 Prozent aller Zeitschrif­ten werden heute im Supermarkt verkauft“, sagt er. „Wenn Sie vor dem Zeitschrif­tenregal stehen, ist alles Konkurrenz – von ,Spiegel‘ bis ,Mein schöner Land‘.“

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Das Cover der Jubiläumsa­usgabe.

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