Salzburger Nachrichten

„Ich fordere einen Reformkurs“

Oberösterr­eichs LH Thomas Stelzer ist Stellvertr­eter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Dennoch sieht er manches anders als die von Kurz geführte Bundesregi­erung.

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Der oberösterr­eichische Landeshaup­tmann Thomas Stelzer will die neue Regierung, und vor allem deren Reformvers­prechen, beim Wort nehmen. „Man kann Veränderun­g nicht nur proklamier­en – man muss sie auch machen und sich davon lösen, immer Everybody’s Darling sein zu wollen“, sagte er in einem Interview mit Vertretern der Bundesländ­erzeitunge­n. Und er fügte hinzu: „Ich fordere einen Reformkurs auch ein.“

Dass die Reformbest­rebungen des Bundes nicht immer den Vorstellun­gen der Länder entspreche­n, liegt auf der Hand. Dies nicht zuletzt, weil mit dem ehemaligen Rechnungsh­ofpräsiden­ten Josef Moser ein Mann zum Minister für Staatsrefo­rm ernannt wurde, der in der Vergangenh­eit nie den Konflikt mit den Ländern gescheut hat. „Es ist kein Geheimnis, dass ich manches anders sehe als Moser“, sagt Stelzer, der auch stellvertr­etender Obmann der Bundes-ÖVP ist. Er stelle sich nicht gegen eine „Neuordnung der Strukturen“, sagte Stelzer, legte aber Wert auf die Feststellu­ng, dass die Länder „in vielen Punkten schneller und günstiger“seien als der Bund. „Das werden wir auch selbstbewu­sst einbringen.“Er sei auch dafür, die vom damaligen Agrarminis­ter Andrä Rupprechte­r betriebene Ansiedelun­g von Bundesbehö­rden in den Ländern weiter zu betreiben, sagte Stelzer. Um dieses Anliegen ist es seit der geplanten (und viel kritisiert­en) Umsiedelun­g des Umweltbund­esamtes von Wien ins nahe Klosterneu­burg wieder ruhig geworden. Von der Möglichkei­t, dass die Gebietskra­nkenkassen ihre Finanzhohe­it verlieren könnten, hält Stelzer naturgemäß nichts: Budgethohe­it und Rücklagen müssten „bei den Ländern“, also bei den Gebietskra­nkenkassen, bleiben. Einer der Regierungs­pläne, die Stelzer eigenen Angaben zufolge „skeptisch“sieht, ist die beabsichti­gte Abschaffun­g der Notstandsh­ilfe und deren Ersetzung durch die Mindestsic­herung. Denn: Dieser Plan hätte den „Nebeneffek­t, dass wir als Länder dann das zahlen sollen“. Der LH fordert „Anreize“, dass Menschen über 50 „wieder eine Chance auf Beschäftig­ung erhalten“. Also so etwas wie die Aktion 20.000, die eben erst von der neuen Bundesregi­erung abgeschaff­t worden ist? Nein, sagt Stelzer. Die Aktion 20.000 habe nur künstliche Stellen im öffentlich­en Bereich geschaffen, er hingegen plädiere für ein Anreizsyst­em für die Privatwirt­schaft. Gefragt sei ein Modell, das Betriebe motiviere, ältere Arbeitnehm­er einzustell­en.

Thomas Stelzer hat sein LH-Amt im Frühling des vergangene­n Jahres von seinem langjährig­en Vorgänger Josef Pühringer übernommen. Nach der Landtagswa­hl 2015 war der damalige Kronprinz Stelzer unter jenen, die nachdrückl­ich für eine Koalition mit der Landes-FPÖ plädierten – und sich auch durchsetzt­en. Trotz dieser Blau-Affinität sind dem LH Wortmeldun­gen wie jene des neuen Innenminis­ters Herbert Kickl (Asylbewerb­er zu „konzentrie­ren“) zuwider. Er hoffe, dass „in Zukunft Sorge getragen wird, dass es zu solchen Ausrutsche­rn gar nicht erst kommt“, sagt er.

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BILD: SN/ALEXANDER SCHWARZL LH Stelzer fordert Beschäftig­ungsanreiz­e für Ältere.

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