Salzburger Nachrichten

Gewinner, Verlierer und ein neuer Automat auf der Post

Verlieren wir durch die Digitalisi­erung unsere Jobs? Ist sie das neue Jobwunder? Oder kommt am Ende alles ganz anders?

- Thomas Hofbauer THOMAS.HOFBAUER@SN.AT

Zwei Experten, drei Meinungen. Bei der Digitalisi­erung sind es folgende: Durch die Automatisi­erung wird in den kommenden Jahrzehnte­n jeder Zweite seinen Job verlieren. Nicht nur Postler, Taxifahrer und Fabrikarbe­iter, auch Anwälte und Banker. Oder: Die Digitalisi­erung ist die Chance für völlig neue, hoch qualifizie­rte Arbeitsplä­tze im IT-Bereich. Tausende gut bezahlte Programmie­rer und Ingenieure werden gebraucht. Oder aber: Das Soziale ist die Zukunftsbr­anche schlechthi­n. Weil Kollege Roboter kein Mensch ist, liegt ihm jegliches Zwischenme­nschliche fern. Jobs mit einer sozialen Komponente werden in Zukunft boomen.

Die Post war vermutlich eines der ersten Unternehme­n, die die Digitalisi­erung deutlich zu spüren bekamen, am Rückgang der Briefpost durch die E-Mail- und SMS-Flut. Bis das Online-Shopping das Pendel durch ein enormes Volumen an Paketsendu­ngen wieder in die andere Richtung ausschlage­n ließ.

Nun versucht man, mit einem weiteren Automatisi­erungsschr­itt das Paket-Hin-und-Rücksenden in den Griff zu bekommen. Das geht dann so: Mit einem Brief und einem Rücksendep­aket begebe ich mich in die nächste Postfilial­e. Noch in der Schlange stehend, weist mich der Postmeiste­r auf einen neuen Service hin. „Sie, des Packerl miassn S’ beim Automaten im Foyer selbst aufgeben.“Will ich aber nicht, außerdem hab ich ja noch diesen Brief ohne Marke. Schlange stehen, warten. Als ich an der Reihe bin und der Postmeiste­r meinen Brief mit einem Postwertze­ichen versorgt hat, versuche ich es noch einmal, frage, ob er das Paket jetzt, wo er mich schon bedient, annimmt. „Na, des miassn S’ beim Automaten im Foyer selbst aufgeben.“Dort, am Automaten, verzweifel­t in dieser Sekunde eine Dame. „Ich soll mich beim Schalter melden“, ruft sie. Der Postmeiste­r eilt zu Hilfe. Die Menschen in der Schlange murren. „Schaun Sie, da ist eine Anleitung“, die habe sie gelesen, „und da steht erstens: Knopf drücken“, habe sie gemacht, „und dann den Strichcode scannen“, ja, das habe sie auch, Piep, macht der Automat, „und dann die Klappe öffnen“, das sei ja das Problem. Klack macht es, die Klappe will nicht. Noch einmal: Knopf drücken, Strichcode scannen, Piep, Klack. Das Display zeigt: „Bitte beim Schalter melden.“Der Postfuchs ist bei seiner Ehre gepackt, untersucht akribisch den Aufgabebel­eg und findet den Fehler: „Schaun S’, das ist ein Fremdcode, da ist noch ein anderer, sehen Sie …“Mit dem funktionie­rt es dann auch. Die Frau ist verwirrt, die Menschen in der Schlange sind aufgebrach­t.

Dienstleis­ter wird man wohl noch länger brauchen. Ingenieure, die immer wieder Neues erfinden, auch. Und bis das dann wirklich funktionie­rt, kann man wohl auf das Zwischenme­nschliche nicht verzichten.

Bei mir ist nach einem Piep und dem Öffnen der Klappe das Paket inzwischen im Schacht verschwund­en. Doch wo ist mein Rücksendeb­eleg? Den Menschen in der Schlange wird das, was jetzt kommt, nicht gefallen …

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