Gewinner, Verlierer und ein neuer Automat auf der Post
Verlieren wir durch die Digitalisierung unsere Jobs? Ist sie das neue Jobwunder? Oder kommt am Ende alles ganz anders?
Zwei Experten, drei Meinungen. Bei der Digitalisierung sind es folgende: Durch die Automatisierung wird in den kommenden Jahrzehnten jeder Zweite seinen Job verlieren. Nicht nur Postler, Taxifahrer und Fabrikarbeiter, auch Anwälte und Banker. Oder: Die Digitalisierung ist die Chance für völlig neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze im IT-Bereich. Tausende gut bezahlte Programmierer und Ingenieure werden gebraucht. Oder aber: Das Soziale ist die Zukunftsbranche schlechthin. Weil Kollege Roboter kein Mensch ist, liegt ihm jegliches Zwischenmenschliche fern. Jobs mit einer sozialen Komponente werden in Zukunft boomen.
Die Post war vermutlich eines der ersten Unternehmen, die die Digitalisierung deutlich zu spüren bekamen, am Rückgang der Briefpost durch die E-Mail- und SMS-Flut. Bis das Online-Shopping das Pendel durch ein enormes Volumen an Paketsendungen wieder in die andere Richtung ausschlagen ließ.
Nun versucht man, mit einem weiteren Automatisierungsschritt das Paket-Hin-und-Rücksenden in den Griff zu bekommen. Das geht dann so: Mit einem Brief und einem Rücksendepaket begebe ich mich in die nächste Postfiliale. Noch in der Schlange stehend, weist mich der Postmeister auf einen neuen Service hin. „Sie, des Packerl miassn S’ beim Automaten im Foyer selbst aufgeben.“Will ich aber nicht, außerdem hab ich ja noch diesen Brief ohne Marke. Schlange stehen, warten. Als ich an der Reihe bin und der Postmeister meinen Brief mit einem Postwertzeichen versorgt hat, versuche ich es noch einmal, frage, ob er das Paket jetzt, wo er mich schon bedient, annimmt. „Na, des miassn S’ beim Automaten im Foyer selbst aufgeben.“Dort, am Automaten, verzweifelt in dieser Sekunde eine Dame. „Ich soll mich beim Schalter melden“, ruft sie. Der Postmeister eilt zu Hilfe. Die Menschen in der Schlange murren. „Schaun Sie, da ist eine Anleitung“, die habe sie gelesen, „und da steht erstens: Knopf drücken“, habe sie gemacht, „und dann den Strichcode scannen“, ja, das habe sie auch, Piep, macht der Automat, „und dann die Klappe öffnen“, das sei ja das Problem. Klack macht es, die Klappe will nicht. Noch einmal: Knopf drücken, Strichcode scannen, Piep, Klack. Das Display zeigt: „Bitte beim Schalter melden.“Der Postfuchs ist bei seiner Ehre gepackt, untersucht akribisch den Aufgabebeleg und findet den Fehler: „Schaun S’, das ist ein Fremdcode, da ist noch ein anderer, sehen Sie …“Mit dem funktioniert es dann auch. Die Frau ist verwirrt, die Menschen in der Schlange sind aufgebracht.
Dienstleister wird man wohl noch länger brauchen. Ingenieure, die immer wieder Neues erfinden, auch. Und bis das dann wirklich funktioniert, kann man wohl auf das Zwischenmenschliche nicht verzichten.
Bei mir ist nach einem Piep und dem Öffnen der Klappe das Paket inzwischen im Schacht verschwunden. Doch wo ist mein Rücksendebeleg? Den Menschen in der Schlange wird das, was jetzt kommt, nicht gefallen …