Türkei geht auf EU zu – und auf Konfrontation mit den USA
Durch den geplanten Militäreinsatz in Nordsyrien kann die Regierung in Ankara in Konflikt mit Washington geraten.
ANKARA, BRÜSSEL. Eineinhalb Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei verlängert die Regierung in Ankara den Ausnahmezustand um drei weitere Monate. So bleibt vorerst alles beim alten: Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, der den Notstand nach dem Putschversuch im Juli 2016 ausgerufen hatte, kann weiterhin nahezu völlig im Alleingang per Dekret regieren.
Wie die EU diese neuerliche Verlängerung bewertet, wird sich ganz offiziell spätestens im April zeigen. Dann wird die EU-Kommission ihren Fortschrittsbericht zu den Verhandlungen mit der Türkei veröffentlichen und darin auch auf die innenpolitische Lage des LangzeitBeitrittskandidaten eingehen. Die Gespräche mit der Türkei könnten aber schon vorher intensiviert werden. Wie die deutsche Tageszeitung „Die Welt“am Donnerstag berichtete, soll Ende März ein Gipfeltreffen mit Vertretern der EU und der Türkei stattfinden, entweder in Brüssel oder in Sofia.
In Bulgarien sitzt mit Bojko Borissow als Premierminister des amtierenden EU-Ratsvorsitzes eine treibende Kraft für die Entspannung der Beziehung zwischen der EU und der Türkei. Seine Regierung tritt nicht nur gegen einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein, sondern wirbt auch seit Langem für ein Gipfeltreffen mit Vertretern aus Brüssel und Ankara. An dem kolportierten Treffen im März sollen laut der „Welt“nun neben Borissow Vertreter aus Ankara sowie die Chefs der drei EU-Institutionen teilnehmen. In der EU-Kommission wollte man das Treffen am Donnerstag aber nicht bestätigen.
Die Türkei scheint jedenfalls interessiert zu sein, ihr Verhältnis zu den EU-Ländern zu verbessern. Borissow wurde wenige Tage nach der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes in Istanbul empfangen, Präsident Erdoğan besuchte im Jänner seinen französischen Amtskollegen Emmanuel Macron. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu war zu Jahresbeginn zu Gast in Berlin und ließ die österreichische Regierung gleich wissen, dass eine neue Seite in der bilateralen Beziehung aufgeschlagen werde.
Bislang sind den Telefonaten und Treffen allerdings noch keine Taten gefolgt. Bis zu einer tatsächlichen Entspannung der Beziehungen ist es noch ein weiter Weg. Gleichzeitig verschlechtert sich die Beziehung der Türkei zu einem anderen geopolitischen Spieler: den USA. Ankaras am Sonntag angekündigter Militäreinsatz gegen kurdische Milizen in Nordsyrien kann eine gefährliche Konfrontation mit den USA bedeuten, die ihrerseits die Kurdenmilizen unterstützen. Am Donnerstag hat die Türkei trotzdem weitere Truppen an die syrische Grenze verlegt. Weitere Panzer sollen die Einheiten verstärken. Die Truppen seien in „höchster Bereitschaft“.
Das Regime in Damaskus drohte im Gegenzug mit dem Abschuss türkischer Jets, sollten diese syrisches Gebiet bombardieren. Vizeaußenminister Faisal al-Mikdad erklärte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, die türkische Luftwaffe solle einen Angriff nicht als „Spaziergang“betrachten.
Die US-geführte internationale Militärkoalition, die in Nordsyrien gegen die Terrormiliz IS im Einsatz ist, wies zugleich Meldungen über den geplanten Aufbau einer neuen Grenztruppe in Nordsyrien zurück, zu der auch die Kurdenmiliz YPG gehören würde. Die Koalition bilde in Syrien weiterhin lokale Sicherheitskräfte aus, erklärte das Bündnis. Es gehe darum, die Rückkehr des IS zu verhindern. Es handle sich nicht um eine neue Armee oder konventionelle Grenztruppe.
Ankara verlegt weitere Truppen an die Grenze