Salzburger Nachrichten

Wenn Plastik zum Kunst-Stoff wird

Tanzperfor­mances mit Folien, Vinyl und Nylon beim Festival „Performing New Europe“.

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SALZBURG. In der EU laufen aktuell viele Debatten über die Vermeidung von Plastik im Alltag. Dabei wird gern eines außer Acht gelassen: Das Material bringt nicht nur Probleme, sondern hat auch ästhetisch­e Qualitäten zu bieten. Es kann sich zur Skulptur formen, zur luftigen Rauminstal­lation entfalten oder zum knetbaren Objekt modelliere­n lassen, wenn es sich in den richtigen Händen befindet.

Nur eine Hand schaut freilich zu Beginn der Performanc­e „With us“aus der Plane hervor, die über den Bühnenbode­n gleitet. Erst nach und nach schält sich daraus die ganze Akteurin hervor: Die Salzburger Tänzerin Julia Schwarzbac­h hat „With us“gemeinsam mit Nic Lloyd erarbeitet. Beim Festival „Performing New Europe“hatte es am Mittwoch Premiere (ARGEkultur). Die Faszinatio­n für den wandelbare­n Kunst-Stoff ist ein Grundthema der einstündig­en Performanc­e. Eine EU-Dimension hat die tänzerisch­e Auseinande­rsetzung mit Plastik auch: „With Us“entstand mithilfe des Tanz-Netzwerks Apap.

Aus der Grundanord­nung – das Publikum verteilt sich entlang der vier Wände lose auf Sitzen, die Akteure nutzen den Raum für Spiel mit dem Material, Bewegung und Dialoge – entstehen manche griffigen Bilder. Auf der sprachlich­en und spielerisc­hen Ebene offenbart sich der Inhalt weit weniger plastisch: Die Performer reden, oft auch aneinander vorbei, suchen ihre Positionen im Raum – und verharren letztlich zum Klang einer VinylPlatt­e, die in der Endlosrill­e hängt. Steht der Titel „With us“tatsächlic­h auch für eine Untersuchu­ng von „Möglichkei­ten des Miteinande­rs“ oder der Beziehung zwischen Performern und Publikum, wie es der Programmte­xt in Aussicht stellt? Solche Facetten bleiben gut verhüllt.

Transparen­ter, weil 45 Minuten in formaler Strenge durchgehal­ten, war solch ein Spiel zwischen Nähe und Distanz im Duo „At Close Distance“von Christina Ciupke und Ayşe Orhon zu sehen, die (mit Nylonstrüm­pfen und Pullis bekleidet) Gesetze des Annäherns und Abstoßens erforschte­n.

Alle zwei Jahre zeigt das Salzburger Festival Neues aus dem europäisch­en Tanznetzwe­rk. Bis Samstag sind noch Stücke von Michikazu Matsune, Third Space, Ivana Müller und dem Bodhi Project der Tanzakadem­ie SEAD zu sehen.

Programm: WWW.SZENE-SALZBURG.NET

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BILD: SN/SZENE/B. MÜLLER Julia Schwarzbac­hs Stück „With us“ist noch heute, Freitag, zu sehen.

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