Sind beim Skifliegen 300 Meter möglich?
Am Qualifikationstag der Skiflug-WM in Oberstdorf überrascht ein früherer Skisprung-Olympiasieger mit kontroversiellen Aussagen.
OBERSTDORF. Es sind Weiten, die fast jährlich ins Auge gefasst werden. Vor der Qualifikation zur Skiflug-WM in Oberstdorf hat Skisprung-Olympiasieger Martin Schmitt die Diskussion wieder in Gang gebracht. Er kann sich beim Skifliegen Weiten von bis zu 300 Meter vorstellen. Derzeit liegt der Weltrekord des Salzburgers Stefan Kraft aus dem Vorjahr in Vikersund (NOR) bei 253,5 m. Auf der SkiflugSchanze von Oberstdorf sind solche Weiten nicht möglich.
„Das Limit hängt allein von der Größe der Schanze ab. Die Athleten könnten Sprünge landen, die noch um einiges weiter gehen“, sagte der 39-jährige Deutsche. „Ich sehe die Entwicklung im Skifliegen als Prozess, der dauert, zumal nicht geplant ist, in nächster Zeit neue Anlagen zu bauen“, erklärte Schmitt, der nach seiner aktiven Karriere derzeit als Experte beim TV-Sender Eurosport arbeitet.
Für Flüge, die noch deutlich weiter gehen, fehlten nach Schmitts Meinung aber die Erfahrungswerte. „Die Anfahrts- und Fluggeschwindigkeit wäre enorm hoch, keiner weiß, wie das Material reagieren würde und wie hoch der Druck wäre, den die Athleten aushalten müssten“, sagte Schmitt, der bei der Skiflug-WM 2002 Silber hinter seinem Teamkollegen Sven Hannawald geholt hatte.
Die Sehnsucht nach den ominösen 300 Metern hat vor sieben Jahren Red Bull zu einem außergewöhnlichen Werbeprojekt animiert: Auf 3000 Metern Seehöhe wurde auf dem Großglockner eine monströse Schanze gebaut. Olympiasieger Thomas Morgenstern – heute auch SN-Kolumnist – sollte der Testpilot sein. Am Ende erteilte der Österreichische Skiverband (ÖSV) seinen Athleten keine Genehmigung. Das Projekt musste vom Tisch – damit auch der Plan um einen 300-m-Sprung.
Auch Walter Hofer, FIS-Renndirektor der Skispringen, sieht beim Skifliegen die 300 m unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich: „300 Meter sind theoretisch möglich, wenn man auf die Schanzenprofile, das Material und die Flugkurve schaut“, sagt Hofer und ergänzt: „Aber wir wollen keine Rekordjagd um jeden Preis.“
Die Qualifikation am Donnerstag musste wegen zu starken Winds rund um die Heini-Klopfer-Flugschanze abgesagt werden. Nach mehreren Verschiebungen musste die Jury einen neuen Termin am Freitag um 14.30 Uhr festlegen. Die ersten zwei der insgesamt vier Wertungsflüge sollen am Freitag ab 16 Uhr (live ORF eins) folgen. „Wir sehen keine Chance mehr, zu fliegen“, sagte FIS-Renndirektor Hofer.
Im einzigen Training am Donnerstag war Stefan Kraft (204,5 m) als Elfter bester ÖSV-Adler. Die Bestweite zeigte Daniel-André Tande (NOR) mit 223,5 Metern.