Studiengebühren für viele berufstätige Studenten
Ministerium will vom VfGH aufgehobene Befreiung nicht neu regeln. 23.000 Studierende betroffen.
WIEN. Ab dem kommenden Studienjahr müssen erwerbstätige Studierende bei Überschreitung der vorgesehenen Studiendauer Studiengebühren zahlen. Betroffen sind rund 23.000 Langzeitstudenten. Die vom Verfassungsgerichtshof 2016 aufgehobene Gebührenbefreiungsregelung für berufstätige Studierende wird nicht saniert – nicht zuletzt deshalb, weil im Regierungsprogramm eine generelle Neuregelung des Themas in Richtung der Einführung „moderater“Studiengebühren vorgesehen ist.
Grundsätzlich sind alle Studenten aus Österreich bzw. der EU in der Mindeststudienzeit plus zwei Semestern derzeit von der Zahlung von Studiengebühren befreit. Die Regelung, wonach berufstätige Studenten trotz Studiendauerüberschreitung befreit sind, wurde vom Verfassungsgerichtshof 2016 wegen Gleichheitswidrigkeit aufgehoben, da nicht alle berufstätigen Studierenden dadurch begünstigt worden waren.
Die Höchstrichter setzten eine Reparaturfrist bis Ende Juni dieses Jahres. Das Wissenschaftsministerium strebt aber keine Neuregelung der Gebührenbefreiungsbestimmung innerhalb dieser Frist an, wie nun bekannt wurde. „Dies zielt nicht auf erwerbstätige Studierende ab, sondern schafft eine Gleichstellung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Studierenden“, hieß es am Donnerstag im Ministerbüro zu den SN. Man verwies auch auf die ab dem Wintersemester 2017 um 60 Millionen Euro erhöhten Studienförderungsgelder.
Das Ministerium muss nun erst einmal die Umsetzung der neuen Hochschulfinanzierung über die Bühne bringen. Erst danach will man die Frage angehen, wie es mit dem Thema Studiengebühren grundsätzlich weitergehen soll.
Die Opposition sieht das anders: „Damit tritt ein, wovor wir seit Monaten warnen: Hier werden für eine erste große Gruppe von Studierenden Gebühren eingeführt, um damit auch das Tor für allgemeine Studiengebühren zu öffnen“, sagte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Die Regierung bestrafe mit Studiengebühren für Berufstätige „nicht nur sozial Schwache, sondern auch die Leistungsträger“, sagte Liste-Pilz-Bildungssprecherin Stephanie Cox.
Laut der vom Institut für Höhere Studien (IHS) durchgeführten Studierenden-Sozialerhebung waren im Sommersemester 2015 mehr als 60 Prozent der Studenten und Studentinnen „regelmäßig oder gelegentlich erwerbstätig“.