Bis zum Schluss die Nerven bewahrt
Matthias Walkner behielt auch im Schlussabschnitt der Rallye Dakar seine Nerven und feierte ausgelassen den ersten Gesamtsieg eines Österreichers bei der schwierigsten Geländeprüfung.
Dem Kuchler Matthias Walkner gelang als erstem Österreicher ein Gesamtsieg bei der Rallye Dakar. Jetzt wird daheim groß gefeiert.
Der erste Gesamtsieg eines Österreichers in einer Klasse der Rallye Dakar wurde am Samstag im argentinischen Córdoba Realität. Der 31jährige Motocrosser Matthias Walkner aus Kuchl im Salzburger Tennengau erfüllte sich den großen Traum und für seinen österreichischen Rennstall KTM war es der 17. Sieg bei den Motorrädern ohne Unterbrechung in einer höchst anspruchsvollen Dakar-Prüfung. Am Schlusstag in der Region um genau jenes Córdoba, in dem heuer vor vierzig Jahren Österreichs Fußballteam die Deutschen bei der WM mit 3:2 besiegt hatte, fuhr Walkner kontrolliert den Sieg nach Hause.
SN: Wie erlebten Sie die letzten Kilometer – mit dem Gefühl „Bald ist es wirklich geschafft“?
Walkner: Es ist unbeschreiblich. Die ersten achtzig Kilometer sind mir gescheit lang vorgekommen, aber die letzten dreißig habe ich richtig genossen. Ich hab nichts mehr riskieren müssen. Es war geil. Da fährst du durch ein dichtes Spalier jubelnder Menschen. Die Leute rufen, winken, Autos hupen ohne Ende. Ich hab mir gedacht, das ist ja so, wie wenn der Marcel (Anm.: sein Freund Hirscher) nach einem Weltcupsieg durch Annaberg fährt. Einfach nur cool.
SN: Wie geht es Ihnen jetzt?
Jetzt ist es einfach nur cool. Obwohl ich eigentlich erledigt bin. Ich habe Ausschläge, offene Lippen und sonst alle möglichen Zustände. Aber ich habe das Größte erreicht, was man im Motorrad-Offroadsport erreichen kann. Von Anfang an habe ich gewusst, ich gehöre zu den sieben, acht Leuten, die heuer gewinnen können. Aber um zu gewinnen, brauchst du auch das Glück des Tüchtigen. Heuer hat alles gepasst, ich konnte den Moment ausnutzen. Vor zwei Jahren war ich auch vorn dabei, dann passierte der Unfall mit dem Knochenbruch.
SN: Gab es Momente des Zweifelns am möglichen Sieg?
Am Anfang habe ich mir gedacht: Heuer läuft es gut. Dann sind Zweifel aufgekommen. Es wurden hohe Geschwindigkeiten gefahren. Die Navigation war extrem schwierig. Körperlich habe ich die Folgen vom Höhentraining gespürt und mich hat ein Muskelkater geplagt. Dann ist es besser geworden und ich habe mir gesagt: Verlasse nicht den Wohlfühlbereich. Schmeiss dich nicht zu sehr hinein, schau, dass du immer alles kontrollieren kannst. Tag zehn war der wichtigste. Da haben sich so viele verfahren und ich habe im Flussbett den richtigen Riecher gehabt und Kurs gehalten.
SN: Gab es Probleme mit der völlig neuen Maschine, die Sie bei KTM mitentwickelt hatten?
Ich hatte vollstes Vertrauen in meine Maschine. Wir haben beim Aufbau an so vieles gedacht, was möglich sein kann. Und die Technik hat wunderbar funktioniert. Aber es bleibt immer noch sehr viel Risiko. Wir wissen vorher nicht, welche Spritqualität uns unterwegs erwartet. Erwischen wir beim Auftanken eine Spritqualität, die nicht zum Motor passt, schaut schon wieder alles ganz anders aus. Oder wie verhält sich der Motor, wenn er in einem Riesenbach zu viel Wasser abbekommt? Man kann zu Hause viel durchspielen, aber während einer Etappe gibt es immer wieder Überraschungen.
SN: Apropos Überraschungen. Von unliebsamen Zwischenfällen wurden Sie heuer verschont?
So war das auch wieder nicht. Einmal ist es zum Beispiel ganz knapp mit einer Kuh gewesen, die ich fast erwischt hätte. Bin ich da etwas schneller unterwegs, geht die Rallye für mich ganz anders aus. SN: Bleiben Sie der Dakar treu? Gibt es vielleicht einen Umstieg zu den Autos, wie es etwa der Franzose Stéphane Peterhansel gemacht hat? Ich weiß nicht, ob es möglich ist, dass noch einmal alles so gut zusammenpasst. Aber ein paar Jahre möchte ich schon noch bei der Dakar dabei sein. Was die Autos betrifft: Während der zwölften Etappe bin ich eine Zeit lang dem Peterhansel nachgefahren und habe mir so meine Gedanken gemacht. Sicher hat er im Auto eine richtige Knautschzone und alles. Aber die Umgebung schaut vom Motorrad aus sicher lustiger aus und ich habe garantiert auch mehr Spaß.
„Eine Kuh hätte fast alles verpatzt.“Matthias Walkner, Dakar-Sieger