Eltern warnen vor Missbrauch
Die geplanten digitalen Dossiers über Schüler bereiten Elternvertretern Sorgen. Auch die Veröffentlichung von Bildungsstandards und Maturaergebnissen könnte „fatale Folgen“haben.
Die Absicht der Regierung, die Bildungsfortschritte lückenlos digital zu dokumentieren und Ergebnisse von Zentralmatura und Bildungsstandards transparent zu machen, sehen Elternvertreter mit Sorge. Eine digitale zentrale Speicherung des Bildungsfortschritts ist vor dem Hintergrund möglichen Missbrauchs „beinahe beängstigend“, wie der Präsident des Bundeselternverbands (BEV), Gernot Schreyer, am Rande der BEV-Generalversammlung am Wochenende hervorhob. An den Schnittstellen zu Volksschule und weiterführender Schule müsse natürlich mehr Kommunikation über die Schüler sichergestellt werden, dazu könnten auch einfach Unterlagen mit Informationen über den Schüler an die neuen Lehrer weitergegeben werden – „aber nicht digital, bitte!“
Auch die angestrebte Transparenz durch die Veröffentlichung von Bildungsstandardergebnissen und Ergebnissen der Zentralmatura am jeweiligen Standort berge Gefahren. „Es ist zu befürchten, dass wir Schulrankings bekommen“– mit fatalen Folgen für schlecht bewertete Standorte, sagt Schreyer. Ergebnisse von Bildungsstandards und Zentralmatura sollten nur den Schulpartnern vor Ort zur Verfügung stehen, um Konsequenzen für den jeweiligen Schulstandort abzuleiten.
Für die im Regierungsprogramm angedachte Weiterentwicklung der Zentralmatura treten die Elternvertreter seit Langem ein. Sie wollen eine teilzentrale Matura. Denn bei der Zentralmatura in der derzeitigen Form werde etwas verglichen, was nicht vergleichbar sei. Es sei entscheidend, die schriftliche Matura um schulspezifische und standortbezogene Elemente zu ergänzen.
Grundsätzlich sei man aber „angenehm überrascht“, dass sehr viele Punkte im Regierungsprogramm sich mit zentralen Forderungen der Elternvertreter deckten, betonte Schreyer. Vom Bekenntnis zum differenzierten Schulsystem und den AHS, der Durchforstung des Wusts an Schulgesetzen bis zum Ausbau ganztägiger Schulformen „unter dem Schlagwort Wahlfreiheit und Einbindung der Schulpartner“. Wenig Freude haben die Elternvertreter auch mit der Neuen Oberstufe. Diese sei nicht ohne Grund bisher erst von der Hälfte der BHS und gerade einmal von acht Prozent der AHS umgesetzt worden. Die Probleme hat auch Bildungsminister Heinz Faßmann erkannt: Die verpflichtende Umsetzung wurde dieser Tage noch einmal verschoben – auf Herbst 2021.
Laut den Elternvertretern hat die Neue Oberstufe nicht einmal, wie versprochen, dazu geführt, dass niemand mehr sitzen bleiben kann. Zudem drohe die Gefahr, dass schlecht organisierte Schüler Fünfer in einzelnen Modulen über Jahre mitschleppten. Wenn man dann bei der letztmöglichen Prüfung kurz vor der Matura durchfalle, sei es von einem Tag auf den anderen aus mit der Schulkarriere. Diese Schüler würden dann regelrecht ohne Abschluss „aus dem Bildungssystem verschwinden“.
BEV-Präsident Schreyer: „Wenn ich Aufwand treibe, um im bestehenden System Qualität zu steigern, dann habe ich damit wahrscheinlich mehr Erfolg, als wenn ich die Neue Oberstufe einführe.“
„Digitale Dossiers fast beängstigend.“Gernot Schreyer, Elternvertreter