Salzburger Nachrichten

Verschwieg­enheit bei Löhnen schadet den Frauen

Genug mit genug. Reden wir doch mal übers Geld. Um wie viel mehr verdienen Kollegen als Kolleginne­n? Und ist das fair?

- WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E Karin Zauner

Die BBC-Journalist­in Carrie Gracie hat einen radikalen Schritt gesetzt. Die China-Korrespond­entin, die seit 30 Jahren Journalist­in beim prestigetr­ächtigen Sender ist, hat ihren attraktive­n Korrespond­entenjob in Peking gekündigt, weil sie weniger verdiente als ihre männlichen Kollegen. Der öffentlich-rechtliche Sender habe es versäumt, die Lücke bei der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen zu schließen, kritisiert­e die 55-Jährige. Dies alles tat sie in einem offenen Brief kund. Gracie will nun auf ihren alten Posten in London zurückkehr­en und erwartet dort die gleiche Bezahlung wie die männlichen Kollegen. Sie betont, dass es ihr nicht darum gehe, mehr Geld zu bekommen. Sie fordert nicht mehr und nicht weniger als gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Man nennt das Fairness.

Laut Eurostat-Daten beträgt die Lohnschere zwischen Frauen und Männern in Österreich 21,7 Prozent, das ist der viertletzt­e Platz in Europa. Da kommen in einem Arbeitsleb­en laut Berechnung­en der Arbeiterka­mmer Einkommens­nachteile in der Höhe von durchschni­ttlich 435.000 Euro zusammen. Geld, das die Frauen nach dem Arbeitsleb­en gut benötigen würden. Denn jeder sechsten Frau in Österreich droht Armut im Alter. Die durchschni­ttliche Alterspens­ion beträgt 1419 Euro für Männer und nur 842 Euro für Frauen.

Die Fakten sind lange bekannt und doch immer wieder frustriere­nd. Also stellt sich die Frage, was zu tun ist. Da wäre reden angesagt. Nämlich über die Höhe der Einkommen. Nicht hinter vorgehalte­ner Hand, sondern offen. Damit es den Frauen nicht so ergeht wie Carrie Gracie, die überrascht feststelle­n musste, dass ihre männlichen Kollegen mehr verdienten. Dies kam zutage, weil in Großbritan­nien nun eine Transparen­zpflicht gilt und die BBC die Gehälter der Mitarbeite­r veröffentl­ichen musste. In Österreich gibt es für Unternehme­n mit mehr als 150 Mitarbeite­rn die Pflicht zu anonymisie­rten Einkommens­berichten für Männer und Frauen, die betriebsin­tern diskutiert werden dürfen. Aber das Instrument­arium ist, siehe Fakten, zu stumpf. Daher ist es zu begrüßen, dass die neue Frauenmini­sterin Juliane Bogner-Strauß dies ändern und mehr Einkommens­transparen­z einführen will. Nur wenn wir schwarz auf weiß die Unterschie­de sehen, kann etwas verändert werden. Der Stehsatz in Unternehme­n, wir machen keine Unterschie­de zwischen Frauen und Männern, mag so gemeint sein, die Realität ist eine andere. Die mögliche Neiddebatt­e, die Kritiker ins Treffen führen, muss keiner fürchten. Auch Politiker und Manager von börsenotie­rten Unternehme­n veröffentl­ichen ja ihre Gehälter. Es geht hier nicht ums Thema Neid, sondern darum, dass Verschwieg­enheit Frauen benachteil­igt.

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