Zwei Frauen verbunden im Hass
Christoph Loy inszenierte Donizettis Oper „Maria Stuarda“.
Wenn zwei Damen von diesem Format aufeinanderprallen, können nur die Funken fliegen. Seit Jahren hat die englische Königin Elisabeth ihre schottische Widersacherin Maria Stuart gefangen gehalten – nachdem diese wegen einer Mordintrige an ihrem Ehemann nach England geflohen war. Nicht nur das, Elisabeth steht kurz davor, das Todesurteil über die schottische Königin zu unterzeichnen, die angeblich einen Anschlag auf ihr Leben geplant hat. Da schaltet sich der falsche Mann als Helfer ein, Leicester. Elisabeth liebt ihn, er liebt Maria. Die Begegnung, die Leicester herbeiführt, endet fatal. Erst lässt sich die Stuart demütigen, dann platzt es aus ihr heraus: Elisabeth sei ohnehin nur ein Bastard, der englische Königsthron stehe ihr zu – was ja irgendwie stimmt.
Diese Szene kocht auch musikalisch in der Oper „Maria Stuarda“von Gaetano Donizetti auf höchster Stufe, und da zeigen in der Neuinszenierung im Theater an der Wien die beiden royalen Darstellerinnen ihr Können. Alexandra Deshorties als Elisabetta und Marlis Petersen als Maria, das ist ein Showdown der Sonderklasse. Um die beiden Sängerinnen dreht sich alles an diesem Opernabend. Regisseur Christoph Loy hat wieder bis in kleinste gestische Detail bis hin zum verlässlich tadellosen Arnold Schoenberg Chor gearbeitet, verlangt aber auch genaues Hinsehen auf der merkwürdigen Bühne.
Katrin Lea Tag hat eine Rundbühne mit einer Riesenscheibe gebaut, die steil gekippt werden kann, worauf sie beim Drehen für die Parkettsitze die Sicht beschneidet – keine gescheite Idee. Die Kostüme wiederum – bis auf die Roben der Königinnen – sind schwarz und wechseln Mode und Jahrhunderte, zuletzt dominiert Business-Look. Königin Maria wird eins mit dem ob der Hinrichtung konsternierten Volk. Zum Finale fiel Loy eine leider zu plakative Lösung ein.
Sowohl Alexandra Deshorties – die schon im Vorjahr als Rossinis Elisabetta in Wien gastiert hat – als auch Marlis Petersen sind keine genuinen Belcanto-Artisten, beherrschen aber das Fach bestens und steigern die Intensität ihrer Figurenzeichnung durch hervorragende Schauspielkunst. Während die kanadische Sopranistin als Elisabetta zur stolzen Furie heranwächst, gelingt Marlis Petersen als Maria in ihren letzten Stunden vor des Henkers Beil eine grandiose, herzerweichende Abschiedsszene, in der sie die Seele nach außen stülpt.
Im zweiten Teil der Premiere am Freitag hatte der Dirigent Paolo Arrivabeni das Radio-Symphonieorchester Wien gefühlvoll heruntergedimmt, nachdem anfangs doch eher grelle, wenig federnde Töne angeschlagen wurden. Neben den Königinnen geben sich die anderen Sänger Mühe, nicht zu verblassen. Donizetti machte es dem amerikanischen Tenor Norman Reinhardt nicht leicht, als Leicester gelingen ihm am besten die strahlenden Passagen. Sehr gut ist der VolksopernBass Stefan Cerny als herzensguter, wohltönender Talbot, den unbarmherzigen Einflüsterer Cecil singt Tobias Greenhalgh, als Anna kann sich Natalia Kawałek kurz in Szene setzen. Den Jubel trübten ein paar Buhs für das Szenikerteam.
Oper: „Maria Stuarda“von Gaetano Donizetti, Theater an der Wien, 23., 26., 28. und 30. Jänner.