Dem Waldschrat auf der Spur
Sobald ein Wald eine Aura verströmt, fühlt sich der Fotograf Heinz A. Pachernegg daheim. Dann entdeckt er im Holz der Bäume etwa Tiergestalten, bizarre Fabelwesen oder menschliche Figuren.
64-jährige Fotograf, der bizarre Holzformationen auch in Spanien, Andorra, Deutschland, Frankreich, auf den Kanarischen Inseln, in Kroatien, Italien, Slowenien und der tunesischen Sahara entdeckt hat. „Anfangs waren es Nebenprodukte meiner Reisen, doch bald suchte ich schon gezielt unberührte Wälder auf“, sagt Pachernegg, der lange als medizinisch-wissenschaftlicher Fotograf an der Grazer Uni gearbeitet hat, ehe er sich selbstständig machte. Auch in seiner Heimatstadt Graz wurde er – etwa im Leechwald oder im Schlosspark Eggenberg – mehrfach fündig.
Aus Tausenden Naturfotos hat Pachernegg einige Hundert ausgewählt, ein Teil davon ist in das Buch eingeflossen. Die Betrachter stoßen auf Rindenformationen, die an Kobolde oder Trolle erinnern, auf Baumstämme, in denen Köpfe von Schildkröten integriert zu sein scheinen, auch überdimensionale Frösche, steinalte Männer, erotische Stellungen, spindeldürre Monsterwesen, Nilpferde, Vogelgesichter, Schlangen, Rehe, Riesenechsen, Tintenfische, zipfelmützetragende Zwerge, Affen, Totenmasken und noch vieles mehr glaubt man zu erkennen. „Es tut sich ein eigenes Universum auf, sobald der Blick einmal geschult ist“, betont Pachernegg. Und: „Es ist unglaublich, welches kreative Potenzial in einem Baum verborgen liegt.“
Was sagt der Fotograf, wenn man ihm entgegnet, dass all diese skurrilen Naturerscheinungen Zufall sind? „Das ist legitim, eine andere Sichtweise eben. Für mich strahlt aber etwa ein alter Eichenwald eine große Mystik aus. Das kann fast schon beängstigend sein, was man da fühlt.“Von in die Esoterik abgleitenden Überinterpretationen grenzt sich Heinz A. Pachernegg ab: „Das ist nicht mein Ding. Aber es gibt Momente, wo es für mich auf der Hand liegt, dass die Natur beseelt ist.“Bäume, so der Fotograf weiter, gebe es seit rund 300 Millionen Jahren, weltweit existierten derzeit knapp 60.000 verschiedene Baumarten: „In Österreich gibt es in etwa 3,4 Milliarden Bäume und 65 unterschiedliche Arten.“
Drängen sich die Baumwesen ihm auf oder muss er sie suchen? „Mich zieht es in den Wald hinein, dann entdecke ich sie“, antwortet der Steirer, der „eine große Sensibilität für Wälder“entwickelt hat. Trifft er etwa im Urwald am Lahnsattel auf eine bizarre Mischung aus Ziege und Krampus, freut er sich und drückt auf den Verschlussknopf seiner Digitalkamera: „Demut spielt da auch eine Rolle. Ich nähere mich diesen Objekten mit Respekt an.“Wobei das mit Ziege und Krampus nicht zwingend sei: „Es ist verblüffend, was andere Menschen da sehen können.“Ab 1. Februar werden ausgewählte Pareidolie-Fotos – auf Holz gedruckt – in der Hochgalerie des Grazer Steiermarkhofs zu sehen sein.