Jedem Österreicher dürfen Organe entnommen werden
In Deutschland herrscht extremer Mangel an Spenderorganen. Das hat auch damit zu tun, dass die Entnahme von Organen restriktiver gehandhabt wird als hierzulande.
Die Frage der Organentnahme und Transplantation berührt die konvergenten Bereiche von Ethik, Medizin und Recht. In Österreich ist die Entnahme für die Transplantation gesetzlich geregelt. Die Voraussetzungen sind im Krankenanstaltenund Kuranstaltengesetz festgeschrieben, die rechtlichen Bedingungen das Organtransplantationsgesetz.
Das Besondere an der Situation in Österreich: Es ist grundsätzlich zulässig, jedem Verstorbenen einzelne Organe oder Organteile zu entnehmen, um durch deren Transplantation das Leben eines anderen Menschen zu retten.
Unzulässig ist sie nur dann, wenn den Ärzten eine Erklärung vorliegt, mit der der Verstorbene oder – vor dessen Tod – sein gesetzlicher Vertreter eine Organspende ausdrücklich abgelehnt hat. In Österreich ist demnach die sogenannte Widerspruchslösung verwirklicht, die die Explantation verbietet, wenn sich der Verstorbene oder dessen gesetzlicher Vertreter gegen eine Entnahme erklärt haben.
Eine entsprechende Erklärung liegt auch vor, wenn sie in dem – beim Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen geführten – Widerspruchsregister eingetragen ist. Die Organentnahme darf jedoch nicht zu einer die Pietät verletzenden Verunstaltung des Leichnams führen.
In Deutschland ist es hingegen so, dass eine Organentnahme nur dann möglich ist, wenn der Spender oder einer der nächsten Familienangehörigen dem ausdrücklich zugestimmt hat. Deshalb herrscht in unserem Nachbarland auch ein größerer Mangel an Spenderorganen als bei uns. Und darum wirbt zum Beispiel auch das deutsche Gesundheitsministerium in ganzseitigen Inseraten für den Organspendeausweis.
Zurück zur Situation in Österreich: Organe dürfen erst dann entnommen werden, wenn ein zur selbstständigen Berufsausübung berechtigter Arzt den eingetretenen Tod festgestellt hat. Er darf aber weder die Entnahme noch die Transplantation durchführen. An diesen Eingriffen darf er auch sonst nicht beteiligt oder durch sie betroffen sein. Eine Organentnahme darf daher nur durchgeführt werden, wenn ein berechtigter Arzt nach den anerkannten Methoden der Medizin und entsprechend dem jeweiligen Stand der Wissenschaft den Gehirntod festgestellt hat. In der Praxis erfolgt die Feststellung durch ein Ärztekollegium, dem ein Intensivmediziner und Neurologe sowie Radiologe oder EEG-Experte angehören.
Das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen hat über die Organentnahmen ein Widerspruchsregister eingerichtet. Ein Widerspruch könnte wie folgend lauten: „Ich, (Vor- und Nachname, Sozialversicherungsnummer), gebe hiermit meinen Widerspruch gegen eine allfällige Organentnahme bekannt. Ich bin mit der EDV-mäßigen Erfassung und Verarbeitung meiner Daten sowie mit der Weitergabe meines Widerspruchs bei Anfrage durch berechtigtes Krankenanstaltspersonal einverstanden. Ort, Datum und eigenhändige Unterschrift.“Formular: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/251/Seite.2510007.html
Die Entnahme von Organen darf nur in öffentlichen und privaten, gemeinnützigen oder nicht gemeinnützigen Krankenanstalten, ebenso Universitätskliniken und medizinischen Universitätsinstituten, wenn diese zugleich Abteilungen einer öffentlichen Krankenanstalt sind, erfolgen.
Diese Bestimmungen gelten für die Entnahme, nicht aber für die Transplantation. Die Ratio ist einleuchtend: Die Krankenanstalt soll mit der Transplantation keine Gewinne machen können. Die Organe dürfen nicht Gegenstand von gewinnbringenden Rechtsgeschäften sein. Unzulässige Entnahmen ziehen straf-, verwaltungs- und zivilrechtliche Folgen nach sich. Nur eine Organentnahme, die allen gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, ist rechtmäßig.
Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft können folgende Organe oder Gewebe transplantiert werden: Bauchspeicheldrüse, Blutgefäße, Darm, Gehörknöchelchen, Haut, Herz, Herzklappen, Hornhaut der Augen, Knochengewebe, Knorpelgewebe, Leber, Lunge, Niere, Sehnen und Teile der Hirnhaut.