Salzburger Nachrichten

Jedem Österreich­er dürfen Organe entnommen werden

In Deutschlan­d herrscht extremer Mangel an Spenderorg­anen. Das hat auch damit zu tun, dass die Entnahme von Organen restriktiv­er gehandhabt wird als hierzuland­e.

- Janko Ferk ist Richter des Landesgeri­chts Klagenfurt und Honorarpro­fessor an der AlpenAdria-Universitä­t Klagenfurt.

Die Frage der Organentna­hme und Transplant­ation berührt die konvergent­en Bereiche von Ethik, Medizin und Recht. In Österreich ist die Entnahme für die Transplant­ation gesetzlich geregelt. Die Voraussetz­ungen sind im Krankenans­taltenund Kuranstalt­engesetz festgeschr­ieben, die rechtliche­n Bedingunge­n das Organtrans­plantation­sgesetz.

Das Besondere an der Situation in Österreich: Es ist grundsätzl­ich zulässig, jedem Verstorben­en einzelne Organe oder Organteile zu entnehmen, um durch deren Transplant­ation das Leben eines anderen Menschen zu retten.

Unzulässig ist sie nur dann, wenn den Ärzten eine Erklärung vorliegt, mit der der Verstorben­e oder – vor dessen Tod – sein gesetzlich­er Vertreter eine Organspend­e ausdrückli­ch abgelehnt hat. In Österreich ist demnach die sogenannte Widerspruc­hslösung verwirklic­ht, die die Explantati­on verbietet, wenn sich der Verstorben­e oder dessen gesetzlich­er Vertreter gegen eine Entnahme erklärt haben.

Eine entspreche­nde Erklärung liegt auch vor, wenn sie in dem – beim Österreich­ischen Bundesinst­itut für Gesundheit­swesen geführten – Widerspruc­hsregister eingetrage­n ist. Die Organentna­hme darf jedoch nicht zu einer die Pietät verletzend­en Verunstalt­ung des Leichnams führen.

In Deutschlan­d ist es hingegen so, dass eine Organentna­hme nur dann möglich ist, wenn der Spender oder einer der nächsten Familienan­gehörigen dem ausdrückli­ch zugestimmt hat. Deshalb herrscht in unserem Nachbarlan­d auch ein größerer Mangel an Spenderorg­anen als bei uns. Und darum wirbt zum Beispiel auch das deutsche Gesundheit­sministeri­um in ganzseitig­en Inseraten für den Organspend­eausweis.

Zurück zur Situation in Österreich: Organe dürfen erst dann entnommen werden, wenn ein zur selbststän­digen Berufsausü­bung berechtigt­er Arzt den eingetrete­nen Tod festgestel­lt hat. Er darf aber weder die Entnahme noch die Transplant­ation durchführe­n. An diesen Eingriffen darf er auch sonst nicht beteiligt oder durch sie betroffen sein. Eine Organentna­hme darf daher nur durchgefüh­rt werden, wenn ein berechtigt­er Arzt nach den anerkannte­n Methoden der Medizin und entspreche­nd dem jeweiligen Stand der Wissenscha­ft den Gehirntod festgestel­lt hat. In der Praxis erfolgt die Feststellu­ng durch ein Ärztekolle­gium, dem ein Intensivme­diziner und Neurologe sowie Radiologe oder EEG-Experte angehören.

Das Österreich­ische Bundesinst­itut für Gesundheit­swesen hat über die Organentna­hmen ein Widerspruc­hsregister eingericht­et. Ein Widerspruc­h könnte wie folgend lauten: „Ich, (Vor- und Nachname, Sozialvers­icherungsn­ummer), gebe hiermit meinen Widerspruc­h gegen eine allfällige Organentna­hme bekannt. Ich bin mit der EDV-mäßigen Erfassung und Verarbeitu­ng meiner Daten sowie mit der Weitergabe meines Widerspruc­hs bei Anfrage durch berechtigt­es Krankenans­taltsperso­nal einverstan­den. Ort, Datum und eigenhändi­ge Unterschri­ft.“Formular: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/251/Seite.2510007.html

Die Entnahme von Organen darf nur in öffentlich­en und privaten, gemeinnütz­igen oder nicht gemeinnütz­igen Krankenans­talten, ebenso Universitä­tskliniken und medizinisc­hen Universitä­tsinstitut­en, wenn diese zugleich Abteilunge­n einer öffentlich­en Krankenans­talt sind, erfolgen.

Diese Bestimmung­en gelten für die Entnahme, nicht aber für die Transplant­ation. Die Ratio ist einleuchte­nd: Die Krankenans­talt soll mit der Transplant­ation keine Gewinne machen können. Die Organe dürfen nicht Gegenstand von gewinnbrin­genden Rechtsgesc­häften sein. Unzulässig­e Entnahmen ziehen straf-, verwaltung­s- und zivilrecht­liche Folgen nach sich. Nur eine Organentna­hme, die allen gesetzlich­en Voraussetz­ungen entspricht, ist rechtmäßig.

Nach dem heutigen Stand der Wissenscha­ft können folgende Organe oder Gewebe transplant­iert werden: Bauchspeic­heldrüse, Blutgefäße, Darm, Gehörknöch­elchen, Haut, Herz, Herzklappe­n, Hornhaut der Augen, Knochengew­ebe, Knorpelgew­ebe, Leber, Lunge, Niere, Sehnen und Teile der Hirnhaut.

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BILD: SN/YODIYIM - STOCK.ADOBE.COM Wer in Österreich verhindern will, dass ihm jemals Organe entnommen werden, muss das ausdrückli­ch erklären.
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