Salzburger Nachrichten

Wenn Banken zu viel verrechnet­e Zinsen nicht zurückzahl­en

Banken müssen die seit 2015 nicht berücksich­tigten Negativzin­sen ausgleiche­n. Vorsicht vor der Verjährung der Ansprüche.

- Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Eigentlich ist die Sache weitgehend geklärt: Mit seinem Urteil vom 30. 8. 2017 hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) Zinsanpass­ungsklause­ln, bei denen der Referenzin­dikator bei null eingefrore­n wird, für unzulässig erklärt. Die heimischen Banken müssen demnach fälschlich­erweise zu hoch verrechnet­e Kreditzins­en zurückzahl­en.

Seit dem zweiten Quartal 2015 gibt es Negativzin­sen im Bankensekt­or. Aus Sicht des OGH haben die Banken seit damals bei variabel verzinsten Krediten die negativen Zinsen nicht ordnungsge­mäß an diese Kreditnehm­er weitergege­ben. Betroffen sind in erster Linie Kredite mit variablen Zinssätzen, bei denen keine Ober- oder Untergrenz­e vereinbart wurde. Wurde Kreditnehm­ern trotz negativer Referenzzi­nsen ein zu hoher Zinssatz verrechnet, müssen die zu viel bezahlten Zinsen von der Bank erstattet werden.

Während einige Banken die nicht berücksich­tigten Negativzin­sen bereits ermittelt und ausgeglich­en haben, vertrösten andere ihre Kunden derzeit noch mit zweifelhaf­ten Rechtferti­gungen: Technische Gründe seien dafür verantwort­lich, dass eine Ermittlung der zu viel bezahlten Zinsen erst Mitte dieses Jahres möglich sei. Zu diesem Zwecke müssten neue Programme angeschaff­t oder alte modifizier­t werden. Erst dann könne man die Kreditkont­en neu abrechnen, um so allfällige Differenzb­eträge gutbuchen zu können. Auf eine mögliche Verjährung­sproblemat­ik wird – zumindest in den uns bekannten Fällen – nicht hingewiese­n. Es ist nicht auszuschli­eßen, dass die Banken auf Zeit spielen und die Rückzahlun­gen so lange hinauszöge­rn, bis die Verjährung beginnt. Grundsätzl­ich verjähren Schadeners­atzansprüc­he nach drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Da die Referenzzi­nsen seit 2015 ins Negative gerutscht sind und damals auch erste Informatio­nsschreibe­n der Banken an die Kunden versendet wurden, sollte man vorsichtsh­alber davon ausgehen, dass 2018 eine Verjährung eintreten könnte. Ob die Ansprüche auch später noch geltend gemacht werden können, ist unklar. Argumentie­rbar wäre, dass für den Beginn der Verjährung­sfrist das Datum der ersten OGH-Judikate gilt, allerdings mit ungewissen Erfolgsaus­sichten.

In einem Zivilproze­ss ist es wahrschein­lich, dass die Bank den Einwand der Verjährung geltend machen wird. Dies hätte im Worst Case zur Folge, dass die Ansprüche nicht zu Recht bestehen und das Klagebegeh­ren abgewiesen wird. Auf ein derartiges Risiko sollte man sich nicht einlassen.

Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, von der Bank eine Verjährung­seinredeve­rzichtserk­lärung einzuforde­rn. Damit ist gewährleis­tet, dass sich die jeweilige Bank in einem späteren Verfahren nicht auf eine mögliche Verjährung stützen kann. Wichtig ist, dass diese Erklärung verbindlic­h und rechtswirk­sam abgegeben wird und das Kreditkont­o, das von der Rückforder­ung betroffen ist, ausdrückli­ch auf dieser Erklärung angeführt wird.

Banken können auch auf Zeit spielen

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