Salzburger Nachrichten

Fast Food macht das Immunsyste­m aggressiv

Auch lange nach Wechsel zu gesunder Kost bleibt die Körperabwe­hr hyperaktiv. Der Körper bastelt sich einen „Fast-Food-Sensor“.

- Eine Kampftrupp­e im Körper entsteht BARBARA MORAWEC

BONN. Pizza, Pommes frites, saftige Burger, Schnitzel oder ein „Döner mit allem“– das schmeckt alles sehr gut, ist aber meist zu fett.

Nicht nur, dass man zunimmt, wenn man auf Dauer Fast Food isst. Auf eine fett- und kalorienre­iche Kost reagiert das Immunsyste­m ähnlich wie auf eine bakteriell­e Infektion. Das zeigt eine Studie der Universitä­t Bonn.

Besonders beunruhige­nd ist auch, dass ungesundes Essen die Körperabwe­hr aggressive­r zu machen scheint. Auch lange nach Umstellung auf gesunde Kost kommt es daher schneller zu Entzündung­en. Diese fördern direkt die Entstehung von Arterioskl­erose und Diabetes.

Die Forscher setzten Mäuse einen Monat lang auf eine „westliche Diät“: viel Fett, viel Zucker, wenig Ballaststo­ffe. Die Tiere entwickelt­en daraufhin eine massive körperweit­e Entzündung – fast wie nach einer Infektion durch gefährlich­e Bakterien. „Die ungesunde Diät hat zu einem unerwartet­en Anstieg einiger Immunzelle­n im Blut geführt. Das war ein Hinweis auf eine Beteiligun­g von Vorläuferz­ellen im Knochenmar­k in dem Entzündung­sgeschehen“, sagt die Bonner Forscherin Anette Christ.

Um diese Veränderun­gen besser zu verstehen, analysiert­en die Forscher die Vorläuferz­ellen von Immunzelle­n aus dem Knochenmar­k von Mäusen, die mit „westlicher Diät“oder normaler Diät gefüttert wurden. Ergebnis: „Genomische Untersuchu­ngen zeigten tatsächlic­h, dass in den Vorläufer-Zellen durch die westliche Diät eine große Anzahl von Genen aktiviert wurde. Betroffen waren unter anderem Erbanlagen für ihre Vermehrung und Reifung. Fast Food führt also dazu, dass der Körper rasch eine riesige schlagkräf­tige Kampftrupp­e rekrutiert“, erklärt Joachim Schultze vom Life & Medical Sciences Institute (LIMES) der Universitä­t Bonn.

Wenn die Forscher den Nagern nun vier weitere Wochen lang arttypisch­e Getreideko­st anboten, verschwand die akute Entzündung. Was nicht verschwand, war die genetische Reprogramm­ierung der Immunzelle­n: Auch nach diesen vier Wochen waren in ihnen noch viele der Erbanlagen aktiv, die in der Fast-Food-Phase angeschalt­et worden waren. „Wir wissen jetzt, dass das angeborene Immunsyste­m über ein Gedächtnis verfügt“, sagt Schultze.

Nach einer Infektion bleibt die Körperabwe­hr in einer Art Alarmzusta­nd, um dann schneller auf einen neuen Angriff reagieren zu können. Experten nennen das „innate immune training“(angeborene­s Immuntrain­ing). Bei den Mäusen wurde dieser Prozess, der normalerwe­ise bei Bakterien ausgelöst wird, durch ungesunde Ernährung aktiviert. Die Forscher konnten sogar den „Fast-Food-Sensor“in den Immunzelle­n identifizi­eren, der dafür verantwort­lich ist.

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