Salzburger Nachrichten

Investment mit angenehmem Abgang

Kann man mit Wein besser verdienen als mit Immobilien­spekulatio­nen? „Zumindest ähnlich gut“, sagt Experte Hermann Döllerer aus Golling.

- STEFANIE SCHENKER

Das große Geld kommt beim Wein mit den reifenden Jahrgängen. Wer in den Markt einsteigen will, muss ein Experte sein – oder braucht einen seriösen Berater. Die SN sprachen mit Spitzengas­tronom Hermann Döllerer aus Golling. SN: Wein ist ein gutes Business. Nur für Weinhändle­r und Top-Winzer oder auch für Menschen, die Geld anlegen wollen? Hermann Döllerer: Beides, natürlich. Voraussetz­ung ist – so wie bei Aktien- und anderen Spekulatio­nen auch –, dass man den Markt kennt und Geld übrig hat, das man nicht für bevorstehe­nde Investitio­nen oder Ausgaben benötigt. Eine Art Spielgeld eben. SN: Wie startet man, wann steigt man ein? Nehmen wir den weltberühm­ten Markt von Bordeaux. Die Händler vor Ort kaufen den Wein auf, um ihn anschließe­nd weltweit anzubieten. Ab April können Sie heuer die Bordeaux-Jahrgänge 2017 subskribie­ren. Das heißt, Sie kaufen den Jahrgang zu einem frühen Zeitpunkt zu einem von Weinhändle­rn und Winzern festgelegt­en Preis. Zu dem Zeitpunkt wissen Sie noch nicht, wie gut sich der Jahrgang entwickeln wird und welche Bewertunge­n er erhalten wird. Ausgeliefe­rt wird der Wein dann drei Jahre später. SN: Wer bewertet dann die weitere Entwicklun­g des Weines und wie transparen­t lässt sich das verfolgen bzw. nachvollzi­ehen? Zum einen verkosten Weinexpert­en die Jahrgänge nach der Subskripti­on, zum anderen bewerten renommiert­e Fachleute wie Robert Parker junior die Jahrgänge. Daraus ergeben sich manchmal extreme Steigerung­en. SN: Zum Beispiel? Nehmen wir den Jahrgang 2009 des Weingutes Pontet Canet. Der kostete in der Subskripti­on 2010 noch 108 Euro pro Flasche. Heute kostet dieser Jahrgang 216 Euro. SN: Was wird ein Pontet Canet heuer in der Subskripti­on kosten? Jüngere Jahrgänge von dem Weingut haben nicht mehr 100 Punkte erreicht. Was der 2017er-Jahrgang heuer im April kosten wird, kann ich jetzt nicht sagen. Man kann davon ausgehen, dass es nur kleine Mengen und mittlere Qualität geben wird. Ich schätze, der Preis wird irgendwo zwischen 40 und 70 Euro liegen. SN: Wie gut „verzinst“ist eine Geldanlage in Wein? Die „Verzinsung“von Wein rechnet sich in jedem Fall, weil Spitzen-Winzer ihre Preise jährlich um durchschni­ttlich fünf Prozent erhöhen. Ein extremeres Beispiel: Der 82er-Jahrgang von Mouton Rothschild kostete 1983 in der Subskripti­on etwa 35 Euro, heute ist er 1100 Euro wert. SN: Macht das Spaß, tollen Wein zu kaufen, nur um mit ihm Geld zu verdienen? Immerhin kann man ihn dann nicht selbst genießen? Ich war lange Zeit ein emotionale­r Sammler und habe hochwertig­e Weine in den Keller gelegt. Für mich waren meine Weine Perlen, die ich über die Jahre gesammelt hatte. Wenn ich mich zurückzieh­en wollte, ging ich in meinen Weinkeller, richtete die Flaschen, schaute nach den Etiketten – das ist unglaublic­h entspannen­d. Sich Geld in den Keller zu legen, das tun jetzt nur mehr wenige Gastronome­n. Als Weinhändle­r kaufe ich jetzt gereifte Weine und verkaufe sie an meine Kunden in der Gastronomi­e. SN: Wie viel muss man über den Wein, den man kauft, wissen? Man muss den Markt beobachten. Wenn wir jetzt im Online„Wine Searcher“nach einem Burgunder Jahrgang 2008 von Romanée Conti suchen, dann finden wir ein Angebot in London, bei dem die Flasche 8500 Euro kostet, genauso wie eines aus Hongkong, bei dem der Preis bei 16.500 Euro liegt. Aber: Es spielt ja auch eine Rolle, wie der Wein gelagert wurde. Problemati­sch sind große Temperatur­schwankung­en im Keller zwischen Sommer und Winter. SN: Um das zu überprüfen, müssten Sie sich den Weinkeller vor Ort anschauen. Genau das tue ich etwa, wenn ich Kelleraufl­ösungen aufkaufe – von Erben, die mit den Weinen nichts anfangen können.

SN: Ab wann verliert Wein an Wert? So wie bei Aktien ist es auch beim Wein schwierig, genau den Zeitpunkt zu finden, zu dem man den höchstmögl­ichen Preis erzielt. Man muss den Markt beobachten. Und: So wie bei Aktien gilt auch beim Wein: Wenn die Wirtschaft boomt, gibt es den höchsten Preis. SN: Wer investiert in Österreich in Wein? Genau kann man das nicht sagen. Es gibt mit Sicherheit viele private Weinkenner, die subskribie­ren. Das Palais Coburg in Wien hat Millionenb­eträge in Wein angelegt und ist – Raritäten betreffend – wahrschein­lich einer der größten Weinkeller weltweit. Es gibt aber auch einen anderen Markt: Vor allem aus Fernost kaufen zunehmend Investoren Wein zu reinen Spekulatio­nszwecken. Konzerne erwerben ganze Weingüter. Damit wird derzeit der Bordeaux-Markt so stark in die Höhe getrieben, dass mittlerwei­le einige sagen: Das kann, das will ich mir nicht mehr leisten. Es ist wie am Immobilien­markt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. SN: Also kein Markt für Schnäppche­njäger? Auch das würde ich nicht ausschließ­en. Anfang der 1990erJahr­e bot mir ein Kunde aus Deutschlan­d umgerechne­t 14.500 Euro für einen Chateau Petrus, Jahrgang 1947, aber es war einfach keiner aufzutreib­en. Bis der Börsencras­h und die Wirtschaft­skrise gekommen sind. Dann wurden mir innerhalb eines Jahres 17 Flaschen angeboten zu Preisen zwischen 7000 und 15.000 Euro. Eine Flasche davon habe ich noch im Keller. SN-Info: Gastronom mit Leidenscha­ft für gute Weine Sein Interesse für Wein hat Hermann Döllerer als Hotelfachs­chüler entdeckt. Der Gollinger startete 1986 mit dem Weinhandel, ein Jahr nach dem Weinskanda­l.

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„Wein ist ein Kulturgut. Man kann ihn aber auch als Aktie betrachten“, sagt Döllerer.
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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER

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