Salzburger Nachrichten

Zwei Klassen von Pensionist­en

Die Regierung will die kapitalged­eckte Altersvors­orge fördern. Derzeit sind die zweite und dritte Säule der Altersvors­orge nicht gerade fair besteuert. Außer für Auserwählt­e, darunter Politiker.

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WIEN. Die private Pensionsvo­rsorge fristet in Österreich ein Schattenda­sein. Das hat auch die Regierung erkannt und im Regierungs­programm bessere steuerlich­e Förderung privater Altersvors­orge versproche­n.

Laut OECD beziehen die Österreich­er nur 3,5 Prozent ihrer Altersbezü­ge aus kapitalged­eckten Angeboten – der niedrigste Wert unter den westlichen Mitgliedss­taaten. Deutschlan­d liegt mit 17 Prozent im Schnitt. In Holland liegt der Anteil der kapitalged­eckten Pension gar bei 45, in den USA bei 30 Prozent.

Während zu Beginn des Jahrtausen­ds vier Bürger im erwerbsfäh­igen Alter auf einen über 65-Jährigen kamen, wird das Verhältnis 2040 in Österreich auf etwa zwei zu eins gesunken sein. Im Pensionssy­stem klafft, rechnet man Beamtenpen­sionen dazu, heute eine jährliche Finanzieru­ngslücke von 21 Milliarden Euro – rund ein Viertel des Bundeshaus­halts. Fazit: Die erste Säule (also die staatliche Pension) steht massiv unter Druck, das Bewusstsei­n für die Notwendigk­eit einer zusätzlich­en kapitalged­eckten Veranlagun­g in der zweiten und dritten Säule der Altersvors­orge nimmt zu.

Das Problem bei der steuerlich­en Behandlung der dritten Säule, also der privaten Vorsorge, ist derzeit, dass die Betroffene­n abgesehen von bausparähn­lichen Miniprämie­n mit voll versteuert­em Geld vorsorgen müssen. In der zweiten Säule, der betrieblic­hen Pensionsvo­rsorge, kann der Arbeitgebe­r bis zu zehn Prozent der Gehaltssum­me steuerfrei in eine Pensionska­sse einzahlen. Die Beträge kommen brutto für netto in der Pensionska­sse an. Steuer fällt erst bei der Auszahlung an – allerdings massiv abgemilder­t durch die dann viel niedrigere Progressio­n.

Der Dienstnehm­er hängt aber davon ab, dass der Dienstgebe­r in die Pensionska­sse einzahlt. Zahlt ein Dienstnehm­er ein, muss er wie bei Vorsorge in einer privaten Pensionsve­rsicherung vom voll versteuert­en Gehalt einzahlen.

78 Prozent der heimischen Dienstnehm­er sind nicht im Pensionska­ssensystem und schauen deshalb, was eine steuerlich halbwegs günstige Zukunftsvo­rsorge angeht, durch die Finger. Die Politiker hingegen sind im begünstigt­em System. Dass Finanzmini­ster Hartwig Löger gerade noch Chef eines großen Versichere­rs war und nun die steuerlich­e Förderung von Pensionsve­rsicherung­en verhandeln darf, ist zumindest originell.

Löger hat wie all seine Politikerk­ollegen jedenfalls persönlich jetzt schon deutlich mehr Glück mit kapitalmar­ktgedeckte­r Altersvors­orge als der Durchschni­ttsbürger. Denn bei Regierungs­mitglieder­n in Bund und Ländern , bei den Klubobleut­en und den Präsidente­n von Nationalra­t, Rechnungsh­of und Landesschu­lrat wird vom Bund automatisc­h ein Zehntel des Bezugs zusätzlich zum Einkommen in eine Politiker-Pensionska­sse einbezahlt. Ein elftes Zehntel des Salärs – und das steuerfrei. Auch Abgeordnet­e können sich für eine steueropti­mierte Leistung des Bundes an eine Pensionska­sse entscheide­n.

Dagegen kommen derzeit nur 22 Prozent der sonstigen Dienstnehm­er in den Genuss der steuerfrei­en zusätzlich­en Altersvors­orgemöglic­hkeit via Pensionska­sse. Typisch sind Energiever­sorger, Banken und ehemals staatliche, ausgeglied­erte Einrichtun­gen. Die anderen Dienstnehm­er können in der zweiten und dritten Säule derzeit nicht vergleichb­ar steuergüns­tig vorsorgen. Generell sind Pensionska­ssenlösung­en nur in zehn Prozent der Kollektivv­erträge verankert. In vielen Fällen schöpft der Arbeitgebe­r aber die vollen zehn Prozent der Gehaltssum­me bei der Einzahlung nicht einmal aus.

Wie die Lösung aussehen kann, ist offen. Pensionska­ssenvertre­ter wollen eine stärkere Verankerun­g der Pensionska­ssen in Kollektivv­erträgen. Die Lösung muss aber nicht zwingend im Zugang zu einer Pensionska­sse bestehen, auch steuerbefr­eite Einzahlung­en in eine Pensions- oder Lebensvers­icherung wären eine Lösung, die Ungerechti­gkeiten beseitigen und die kapitalged­eckte Altersvors­orge stärken würde.

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BILD: SN/APA Was bleibt von der Pension?

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