Salzburger Nachrichten

Braunes Liedgut bringt FPÖ in Bedrängnis Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen die Germania

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Die Staatsanwa­ltschaft Wiener Neustadt nimmt die Germania zu Wiener Neustadt unter die Lupe. Wie berichtet, war bekannt geworden, dass in dieser Verbindung ein Liedbuch existiert, in dem Judenmord und das Naziregime verherrlic­ht werden. „Wir ermitteln wegen nationalso­zialistisc­her Wiederbetä­tigung gegen unbekannte Täter“, sagt der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, Erich Habitzl. Die Pennäler-Burschensc­haft Germania ist eine relativ kleine Verbindung. Sie zählt 70 Mitglieder, Aktive und Altherren inklusive. Im offizielle­n „Liedgut“, einem zirka 300 Seiten starken Buch, das 1997 in 3. Auflage gedruckt wurde, sind folgende Strophen zum Lied „Es lagen die alten Germanen“enthalten: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million‘“, und weiter: „Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäug­iger Chines’: ,Auch wir sind Indogerman­en und wollen zur Waffen-SS.‘“Bei der Germania verweist man darauf, dass diese Zeilen in der aktuellen Auflage geschwärzt sind und der ursprüngli­che Text so im Verein nicht aufliegt. Insgesamt beinhaltet das Buch 500 bis 600 Lieder. Die Germania wurde 1917 am Ende des Ersten Weltkriegs aus einem Stammtisch heraus gegründet. Die Mitglieder sind alles Burschen und Männer, die in Wiener Neustadt die Oberstufe einer Maturaschu­le (diverse Gymnasien, HTL, das Militärgym­nasium etc.) besuchen bzw. besucht haben. In dem Verein wird wie bei Mittelschü­lerVerbind­ungen üblich mit stumpfen Säbeln gefochten. Der allgemeine Leitspruch der Burschensc­haften lautet: „Ehre, Freiheit, Vaterland.“Die Farben der Germania sind Blau/Rot/Gold. Die Angelegenh­eit ist auch für die FPÖ unangenehm, weil ihr Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl in Niederöste­rreich, Udo Landbauer, ein Germane ist. „In meiner Anwesenhei­t sind solche Lieder nie vorgekomme­n. Ich hab niemals verwerflic­he Lieder gesungen“, sagte Landbauer. Er betonte, mit antisemiti­schem und nationalso­zialistisc­hem Gedankengu­t nichts am Hut zu haben.

Von anderen Parteien gab es Rücktritts­aufforderu­ngen. Dies lehnten sowohl Landbauer als auch Parteichef Heinz-Christian Strache ab. Landbauer stellte seine Mitgliedsc­haft bei der Germania ruhend und forderte Aufklärung innerhalb des Vereins. Außerdem ist die Germania auf eigenen Wunsch vom Österreich­ischen PennälerRi­ng (ÖPR) suspendier­t worden. ÖPR-Vorsitzend­er Udo Guggenbich­ler sagte, dass er schon mehrmals klargestel­lt habe, dass Antisemiti­smus nicht toleriert werde. Er entschuldi­gte sich „im Namen des Verbands und auch persönlich“. – „Wir werden auch innerhalb des Verbands umgehend alle möglichen Schritte setzen, um in Zukunft nicht mehr mit solch unerträgli­chen Vorkommnis­sen konfrontie­rt zu werden“, versichert­e Guggenbich­ler.

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BILD: SN/DÖW Diese Strophen finden sich im Liedbuch.

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