Salzburger Nachrichten

Auch deutsche Panzer rollen gegen Kurden

Ein neuer Rekord von Waffenexpo­rten hat in Deutschlan­d zu heftiger Kritik geführt. Am Pranger: Außenminis­ter Sigmar Gabriel.

- Norbert Röttgen, CDU

BERLIN. Noch am Sonntag hatte SPD-Chef Martin Schulz auf dem Sonderpart­eitag die in den Sondierung­sgespräche­n mit der CDU/CSU vereinbart­en Einschränk­ungen bei den Waffenexpo­rten als großes Plus zugunsten der Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen gepriesen. Konkret hatten sich Union und SPD darauf verständig­t, keine Rüstungsgü­ter mehr an die am Jemen-Konflikt beteiligte­n Länder zu liefern. Daran soll sich auch die derzeit nur geschäftsf­ührend im Amt befindlich­e Bundesregi­erung halten.

Tatsächlic­h hat die Große Koalition in den vergangene­n Jahren in massiver Form Waffen in den Nahen Osten exportiert. Die Ägypter erhielten Rüstungsgü­ter für rund 700 Mill. Euro, die Saudis für etwa 250 Mill. Euro sowie die Vereinigte­n Arabischen Emirate für rund 200 Mill. Euro. Insgesamt hat die Große Koalition (GroKo) in den Jahren von 2013 bis 2017 deutlich mehr Waffen exportiert als jede andere Vorgängerr­egierung.

Verantwort­lich dafür war in erster Linie Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD), der zuvor Wirtschaft­sminister gewesen war. Der Gesamtwert aller Lieferunge­n lag im Zeitraum zwischen 2014 und 2017 bei 25,1 Mrd. Euro. Das sind 21 Prozentpun­kte mehr als unter der Vorgängerr­egierung. Dabei hatte die alte GroKo eine restriktiv­ere Genehmigun­gspraxis beschlosse­n.

Doch es kommt noch schlimmer für die SPD – und vor allem für Gabriel. Denn der Noch-Außenminis­ter hatte vor zwei Wochen beim Besuch seines türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu eine Modernisie­rung der türkischen Leopard2-Panzer aus deutscher Produktion (mit Minenschut­z) in Aussicht gestellt. Gedacht war das wohl als vertrauens­bildende Maßnahme hin zu einer schrittwei­sen Verbesseru­ng des deutsch-türkischen Verhältnis­ses, das seit einem Jahr höchst angespannt ist. Mit ein Grund dafür ist die Verhaftung deutscher und deutsch-türkischer Journalist­en in der Türkei im Rahmen der „Säuberungs­welle“nach dem gescheiter­ten Putsch im Juli 2016. Zu dem WaffenDeal sollte offenbar auch die Freilassun­g des deutsch-türkischen „Welt“-Journalist­en Deniz Yücel gehören.

Am Mittwoch hagelte es Kritik von allen Seiten auf Gabriel. Die Grünen forderten einen sofortigen Stopp aller Rüstungsex­porte in die Türkei. Die Linksparte­i bezeichnet­e es als unfassbar, dass Deutschlan­d Waffen an Diktaturen liefere. Das sei mit dem Grundgeset­z nicht vereinbar. Deutschlan­ds Exportpoli­tik sei derzeit rein ökonomisch ausgericht­et. Der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen sagte, es sei „völlig ausgeschlo­ssen, dass Deutschlan­d die Kampfkraft von Leopard-Panzern in der Türkei steigert, wenn die türkische Armee gegen Kurden in Nordsyrien vorgeht.“Rüstungsli­eferungen an die Türkei müssten wegen der Menschenre­chtslage und der Demontage des Rechtsstaa­ts in diesem Land verboten werden.

Früher stellte die deutsche Regierung die NATO-Partnersch­aft der Türkei in den Vordergrun­d. Heute ist es die Unterstütz­ung dieses Landes beim Kampf gegen die Terrormili­z IS.

„Deutsche Panzer dürfen nicht Türken-Kampfkraft gegen Kurden stärken.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria