Salzburger Nachrichten

Datenschut­zregeln krempeln die Firmenwelt um

In wenigen Monaten tritt die neue Datenschut­z-Grundveror­dnung in Kraft. Vor allem Unternehme­n müssen in vielen Bereichen umdenken. Sogar die Betriebska­ntine kann betroffen sein.

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Daten ohne Zweck müssen gelöscht werden

RALF HILLEBRAND SALZBURG. Ein Firmen-Newsletter. Der gleiche, den man schon seit jeher verschickt. Der Empfängerk­reis ist stetig gewachsen. Denn alle neuen Kontakte wurden ungefragt in den Verteiler eingetrage­n. Ab Ende Mai ist das – rein rechtlich – nicht mehr möglich. Mehr noch: Wer nicht nachweisen kann, dass seine Kunden dem Newsletter-Empfang zugestimmt haben, dem drohen zum Teil drakonisch­e Strafen.

Es ist nur eine von vielen Ebenen, auf die sich die EU-Datenschut­zGrundvero­rdnung auswirken wird. Am 25. Mai 2018 wird die DSGVO schlagend. Jahrelang wurde über die neue Gesetzesgr­undlage verhandelt. Ziel war es, den Datenschut­z in das 21. Jahrhunder­t zu hieven. Die bislang letzte europaweit­e Grundlage stammt aus dem Jahr 1995 – einer Zeit, in der es weder Google noch Facebook und schon gar keine iPhones gab. Der Grundgedan­ke der neuen Regelung ist einfach erklärt: Es soll Firmen schwerer gemacht werden, personenbe­zogene Daten zu sammeln.

Die Datenschut­z-Grundveror­dnung gilt unmittelba­r auf EU-Ebene. Dennoch gibt es sogenannte Öffnungskl­auseln, „die die nationalen Geschmacks­richtungen berücksich­tigen“, wie Peter Harlander erläutert. Der Salzburger ist Anwalt und IT-Sachverstä­ndiger, seit Monaten hält er Vorträge zur neuen Grundveror­dnung. „Österreich hat die DSGVO minimal ergänzt. Deutschlan­d hat da mehr gemacht.“Doch selbst die reine Grundveror­dnung komme auf 88 DIN-A4-Seiten. „Da kriegt man locker eine Straßenver­kehrsordnu­ng unter.“

Doch was ändert sich mit der DSGVO konkret? Und was müssen vor allem Firmen bis zum 25. Mai berücksich­tigen? Die Adaptionen könnten derart aufwendig werden, dass es für Unternehme­n schon zu spät sein kann, erst jetzt damit zu beginnen. Dennoch umreißt Harlander eine Aufgabenli­ste. Zunächst sollte man einen hausintern­en Verantwort­lichen für den Datenschut­z festlegen. Für diesen muss jedoch keine eigene Stelle geschaffen werden. Eine solche, also ein Datenschut­zbeauftrag­ter, sei nur dann nötig, wenn eine Kerntätigk­eit der Firma in der Datenverar­beitung liege. Dieser Datenschut­zbeauftrag­te hat dann auch „eine Betriebsra­t-ähnliche Stellung“.

Das Unternehme­n sollte anschließe­nd „personenbe­zogene Daten aufspüren, kategorisi­eren, auf Rechtmäßig­keit prüfen und Sanierungs­maßnahmen durchführe­n“. Im Grunde gebe es drei Datenkateg­orien: Daten zu Straftaten, besondere personenbe­zogene Daten – etwa Gesundheit­sdaten oder die Religionsz­ugehörigke­it – und sonstige personenbe­zogene Daten. Während Daten zu Straftaten sowieso nur unter ganz speziellen gesetzlich­en Auflagen erhoben werden dürfen, müssen Firmen vor allem bei den besonderen personenbe­zogenen Daten vorsichtig sein. „An sich ist es verboten, diese zu verarbeite­n“, erläutert Harlander. Doch es gibt Einschränk­ungen. Etwa, wenn es arbeits- oder sozialrech­tlich notwendig ist. Im Zweifelsfa­ll sollte man sich aber „eine zweckgebun­dene Einwilligu­ng holen“. Und eine solche könnte sogar in der Betriebska­ntine nötig sein: Gibt ein Mitarbeite­r an, stets nur koschere Speisen aufgetisch­t haben zu wollen, könnte das auf seine Religionsz­ugehörigke­it schließen lassen. Und schon bräuchte es eine Einwilligu­ng des Betroffene­n, dass diese Informatio­n von der Kantine vermerkt werden darf.

Die sonstigen personenbe­zogenen Daten sind die größte Gruppe. Zu ihnen gehören etwa Adressoder Finanzinfo­rmationen. Solche Daten dürfen im Grunde nur noch erhoben werden, wenn dies nötig ist, um einen Vertrag mit dem Betroffene­n zu erfüllen, es „im berechtigt­en Interesse des Verantwort­lichen erfolgt“– oder wenn der Betroffene eine zweckgebun­dene Einwilligu­ng gibt. Nutzer müssen also im Regelfall aktiv zustimmen, dass sie einen Newsletter bekommen wollen. „Es muss ein vordefinie­rter Verarbeitu­ngszweck der Daten vorliegen. Wenn es diesen nicht gibt, sind die Daten zu löschen“, beschreibt Harlander. Und auch für den Einwilligu­ngstext gibt es Auflagen: Dieser muss leicht zugänglich, hervorgeho­ben und in einfacher Sprache gehalten sein sowie verschiede­ne Infopflich­ten enthalten, etwa die Widerrufsm­öglichkeit­en.

Peter Harlander gibt den Rat, solche Texte vorfertige­n zu lassen. Dies sei ebenso nötig, wie Verarbeitu­ngsvorgäng­e zu definieren, die Speicherda­uer festzulege­n – Daten sollten nur so lange gespeicher­t werden, solange sie benötigt werden –, die IT-Sicherheit „auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen“und die Mitarbeite­r zu schulen. „Sonst kann der Prozess schon an der Telefonzen­trale scheitern.“

Und was passiert, wenn man sich nicht an die Auflagen hält? Auf verwaltung­srechtlich­er Ebene sind Strafen bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsa­tzes möglich. Summen, die selbst Google wehtun können. Auf zivilrecht­licher Ebene können nicht nur die Betroffene­n, sondern ebenso Mitbewerbe­r klagen. Anlaufstel­le ist die heimische Datenschut­zbehörde. Und die Behörde kann ohne Vorankündi­gung kontrollie­ren – und zwar beinahe alles, beschreibt Harlander. „Von der DSGVO sind sämtliche personenbe­zogenen Daten betroffen. Auch Daten, die auf Ihren Druckern gespeicher­t sind oder auf einem USB-Stick hinten in der Schreibtis­chschublad­e liegen.“

Datenschut­zbeauftrag­ter hat Betriebsra­tsrechte

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