Wer geht mit Niki Lauda an Bord?
Um planmäßig fliegen zu können, braucht Lauda viele Mitarbeiter. Die lassen sich bitten.
WIEN. Das erste Rennen hat Niki Lauda gewonnen. Den Zuschlag für die Übernahme der insolventen Fluglinie Niki hat er in der Tasche, seit sich der Gläubigerausschuss Dienstag früh einstimmig für sein Gebot ausgesprochen hat. Der Kaufvertrag sei bereits unterschrieben, erklärte Insolvenzverwalterin Ulla Reisch am Mittwoch. Mittlerweile sind auch die ersten behördlichen Genehmigungen erfolgt.
Reisch und ihr Berliner Kollege Lucas Flöther haben ihr Versprechen eingelöst und den Verkaufsprozess zügig vorangetrieben: Flöther hat für Niki den Einspruch gegen die Entscheidung des Landgerichts zurückgezogen – damit ist der Verkauf bereits rechtskräftig. Zugleich begann in Berlin ein Sekundär-Insolvenzverfahren, in dessen Rahmen ein Gläubigerausschuss ebenfalls den Verkauf des Niki-Geschäftsbetriebs an Laudamotion beschloss.
Jetzt steht Niki Lauda vor der nächsten Herausforderung. Diesmal muss er nicht einige Gläubigervertreter überzeugen, sondern möglichst viele der 800 Piloten und Flugbegleiter, deren Einsatzort bisher Wien war.
Mittwoch früh, Flughafen WienSchwechat. Nach knapp sieben Jahren steht Niki Lauda wieder vor „seinen“Leuten. Rund 600 Piloten und Flugbegleiter haben sich in zwei Schichten eingefunden, um zu hören, mit welchen Plänen er die insolvente Airline wieder in die Luft bekommen will. Auf dieses Personal ist Lauda angewiesen, wenn er tatsächlich Ende März mit 15 Flugzeugen wieder typische Ferienziele in Spanien, Griechenland und der Türkei in den Flugplan nehmen will, wie angekündigt.
Viele von ihnen haben sich seit dem „Grounding“(Einstellung des Flugbetriebs) am 13. Dezember nach Alternativen umgesehen, ein Großteil der Piloten befindet sich in Auswahlverfahren. Einer ist definitiv nicht mehr dabei: Niki-Geschäftsführer Oliver Lackmann wechselt mit 1. März in die Geschäftsführung von Tuifly.
Die Airline-Branche boomt wie lange nicht und sucht Mitarbeiter, auch in Österreich, besonders in Wien. Die Lufthansa-Tochter Eurowings Europe fährt einen Wachstumskurs, die ungarische Wizz Air will noch heuer drei Flugzeuge hier stationieren, die Billigflieger Easyjet und Vueling haben ihr Kommen angekündigt. Und jetzt will auch noch Laudamotion durchstarten.
Das Interesse an der Informationsveranstaltung am Mittwoch ist groß, die Teilnahme rege, es gibt viele Fragen – und vergleichsweise wenige Antworten. Denn Lauda will sich noch nicht festlegen. Er müsse sich den bestehenden Kollektivvertrag (KV) von Niki ansehen und dann schauen, wie weit der auf sein neues Projekt Laudamotion anwendbar sei, sagt er. In ein, zwei Wochen will er den Mitarbeitern ein konkretes Vertragsangebot auf den Tisch legen.
Die Belegschaft nimmt den Auftritt mit gemischten Gefühlen auf. Lauda hat noch Fans, die sich an die frühere Aufbruchsstimmung erinnern und stolz sind, für ihn zu arbeiten. Aber ein großer Teil der aktuellen Crew ist zumindest vorsichtig. Nicht wenige hätten einen Verkauf an den spanischen Billigflieger Vueling mit der finanzstarken Mutter-Holding IAG im Hintergrund vorgezogen, zu der auch British Airways und Iberia gehören.
„Skepsis beschreibt die Stimmung am besten“, sagt Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits. Er gesteht Lauda zu, dass er sich erst orientieren möchte – aber „dann ist es wichtig, dass er die Leute überzeugt“. Die Belegschaftsvertretung pocht darauf, dass es zu keiner Verschlechterung der aktuellen Situation kommt. So sehe es nicht aus, aber fix sei noch nichts. Lauda könne die Leute motivieren, aber letztlich werde er jetzt an seinen Taten gemessen – beziehungsweise an konkreten Arbeitsverträgen.
Auch die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) dringt auf Fixanstellungen und einen Kollektivvertrag. Ein Modell dafür könnte der bestehende Niki-KV sein, sagt Karl Dürtscher, der stellvertretende GPA-Bundesgeschäftsführer. Negative Beispiele gebe es genug. Lauda selbst habe in der Anfangszeit von Niki Piloten und Flugbegleiter über eine Personalvermittlung arbeiten lassen. Auch bei Eurowings Europe in Wien gibt es keinen KV, die Lufthansa-Tochter schließt Einzelverträge ab. Das hat wiederholt für Unmut gesorgt. Aktuell laufen Bemühungen um einen Kollektivvertrag, heißt es.
Für die Gewerkschaft rückt damit auch wieder das alte Thema nach einem branchenweiten Kollektivvertrag für die gesamte heimische Luftfahrt in den Fokus. Bisher gibt es ja bestenfalls Firmen-KV, in manchen Fällen, bei Eurowings Europe nicht einmal das.
Gegen eine Branchenlösung legen sich aber die Arbeitgeber quer. Mehrere Gründe sprächen dagegen, sagt Manfred Handerek, stellvertretender Geschäftsführer der Berufsgruppe Luftfahrt in der Wirtschaftskammer Österreich. Luftfahrt sei globalisierter als andere Branchen, gerade hier sei Flexibilität besonders notwendig.
„Wenn wir einen Branchen-KV auf hohem Niveau haben, fliegen andere Airlines herein und es gibt hier keine Arbeitsplätze“, lautet die Befürchtung. Daher lehnt die Berufsgruppe einen branchenweiten KV ab. Auch sei die Branche sehr inhomogen, neben einst staatlichen Anbietern wie der AUA gebe es kleine Bedarfsflugunternehmen und zunehmend preisaggressiv auftretende Billigfluggesellschaften.
„Skepsis beschreibt die Stimmung unter den Mitarbeitern am besten.“