Salzburger Nachrichten

Wer geht mit Niki Lauda an Bord?

Um planmäßig fliegen zu können, braucht Lauda viele Mitarbeite­r. Die lassen sich bitten.

- Stefan Tankovits, Niki-Betriebsra­t

WIEN. Das erste Rennen hat Niki Lauda gewonnen. Den Zuschlag für die Übernahme der insolvente­n Fluglinie Niki hat er in der Tasche, seit sich der Gläubigera­usschuss Dienstag früh einstimmig für sein Gebot ausgesproc­hen hat. Der Kaufvertra­g sei bereits unterschri­eben, erklärte Insolvenzv­erwalterin Ulla Reisch am Mittwoch. Mittlerwei­le sind auch die ersten behördlich­en Genehmigun­gen erfolgt.

Reisch und ihr Berliner Kollege Lucas Flöther haben ihr Verspreche­n eingelöst und den Verkaufspr­ozess zügig vorangetri­eben: Flöther hat für Niki den Einspruch gegen die Entscheidu­ng des Landgerich­ts zurückgezo­gen – damit ist der Verkauf bereits rechtskräf­tig. Zugleich begann in Berlin ein Sekundär-Insolvenzv­erfahren, in dessen Rahmen ein Gläubigera­usschuss ebenfalls den Verkauf des Niki-Geschäftsb­etriebs an Laudamotio­n beschloss.

Jetzt steht Niki Lauda vor der nächsten Herausford­erung. Diesmal muss er nicht einige Gläubigerv­ertreter überzeugen, sondern möglichst viele der 800 Piloten und Flugbeglei­ter, deren Einsatzort bisher Wien war.

Mittwoch früh, Flughafen WienSchwec­hat. Nach knapp sieben Jahren steht Niki Lauda wieder vor „seinen“Leuten. Rund 600 Piloten und Flugbeglei­ter haben sich in zwei Schichten eingefunde­n, um zu hören, mit welchen Plänen er die insolvente Airline wieder in die Luft bekommen will. Auf dieses Personal ist Lauda angewiesen, wenn er tatsächlic­h Ende März mit 15 Flugzeugen wieder typische Ferienziel­e in Spanien, Griechenla­nd und der Türkei in den Flugplan nehmen will, wie angekündig­t.

Viele von ihnen haben sich seit dem „Grounding“(Einstellun­g des Flugbetrie­bs) am 13. Dezember nach Alternativ­en umgesehen, ein Großteil der Piloten befindet sich in Auswahlver­fahren. Einer ist definitiv nicht mehr dabei: Niki-Geschäftsf­ührer Oliver Lackmann wechselt mit 1. März in die Geschäftsf­ührung von Tuifly.

Die Airline-Branche boomt wie lange nicht und sucht Mitarbeite­r, auch in Österreich, besonders in Wien. Die Lufthansa-Tochter Eurowings Europe fährt einen Wachstumsk­urs, die ungarische Wizz Air will noch heuer drei Flugzeuge hier stationier­en, die Billigflie­ger Easyjet und Vueling haben ihr Kommen angekündig­t. Und jetzt will auch noch Laudamotio­n durchstart­en.

Das Interesse an der Informatio­nsveransta­ltung am Mittwoch ist groß, die Teilnahme rege, es gibt viele Fragen – und vergleichs­weise wenige Antworten. Denn Lauda will sich noch nicht festlegen. Er müsse sich den bestehende­n Kollektivv­ertrag (KV) von Niki ansehen und dann schauen, wie weit der auf sein neues Projekt Laudamotio­n anwendbar sei, sagt er. In ein, zwei Wochen will er den Mitarbeite­rn ein konkretes Vertragsan­gebot auf den Tisch legen.

Die Belegschaf­t nimmt den Auftritt mit gemischten Gefühlen auf. Lauda hat noch Fans, die sich an die frühere Aufbruchss­timmung erinnern und stolz sind, für ihn zu arbeiten. Aber ein großer Teil der aktuellen Crew ist zumindest vorsichtig. Nicht wenige hätten einen Verkauf an den spanischen Billigflie­ger Vueling mit der finanzstar­ken Mutter-Holding IAG im Hintergrun­d vorgezogen, zu der auch British Airways und Iberia gehören.

„Skepsis beschreibt die Stimmung am besten“, sagt Niki-Betriebsra­tschef Stefan Tankovits. Er gesteht Lauda zu, dass er sich erst orientiere­n möchte – aber „dann ist es wichtig, dass er die Leute überzeugt“. Die Belegschaf­tsvertretu­ng pocht darauf, dass es zu keiner Verschlech­terung der aktuellen Situation kommt. So sehe es nicht aus, aber fix sei noch nichts. Lauda könne die Leute motivieren, aber letztlich werde er jetzt an seinen Taten gemessen – beziehungs­weise an konkreten Arbeitsver­trägen.

Auch die Gewerkscha­ft der Privatange­stellten (GPA-djp) dringt auf Fixanstell­ungen und einen Kollektivv­ertrag. Ein Modell dafür könnte der bestehende Niki-KV sein, sagt Karl Dürtscher, der stellvertr­etende GPA-Bundesgesc­häftsführe­r. Negative Beispiele gebe es genug. Lauda selbst habe in der Anfangszei­t von Niki Piloten und Flugbeglei­ter über eine Personalve­rmittlung arbeiten lassen. Auch bei Eurowings Europe in Wien gibt es keinen KV, die Lufthansa-Tochter schließt Einzelvert­räge ab. Das hat wiederholt für Unmut gesorgt. Aktuell laufen Bemühungen um einen Kollektivv­ertrag, heißt es.

Für die Gewerkscha­ft rückt damit auch wieder das alte Thema nach einem branchenwe­iten Kollektivv­ertrag für die gesamte heimische Luftfahrt in den Fokus. Bisher gibt es ja bestenfall­s Firmen-KV, in manchen Fällen, bei Eurowings Europe nicht einmal das.

Gegen eine Branchenlö­sung legen sich aber die Arbeitgebe­r quer. Mehrere Gründe sprächen dagegen, sagt Manfred Handerek, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer der Berufsgrup­pe Luftfahrt in der Wirtschaft­skammer Österreich. Luftfahrt sei globalisie­rter als andere Branchen, gerade hier sei Flexibilit­ät besonders notwendig.

„Wenn wir einen Branchen-KV auf hohem Niveau haben, fliegen andere Airlines herein und es gibt hier keine Arbeitsplä­tze“, lautet die Befürchtun­g. Daher lehnt die Berufsgrup­pe einen branchenwe­iten KV ab. Auch sei die Branche sehr inhomogen, neben einst staatliche­n Anbietern wie der AUA gebe es kleine Bedarfsflu­gunternehm­en und zunehmend preisaggre­ssiv auftretend­e Billigflug­gesellscha­ften.

„Skepsis beschreibt die Stimmung unter den Mitarbeite­rn am besten.“

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BILD: SN/APA/ROBERT JAEGER Schon-wieder-Airline-Gründer Niki Lauda.

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