Salzburger Nachrichten

Wenn mächtige Männer für Frauenrech­te einstehen

Wie wohltuend: Im abgehobene­n Davos geht es endlich um das, was das Leben vieler ändern könnte – um Gleichbere­chtigung.

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. SN.AT/GEWAGTGEWO­NNEN

Es ist das Orchideent­hema, das die Manager großer Unternehme­n im deutschspr­achigen Raum noch immer gern bei einer DiversityM­anagerin oder einer Gender-Beauftragt­en parken. Dann kann man sagen: „Das Unternehme­n macht etwas.“Punkt und abgehakt. Es ist der Kaktus, an dem die Slim-Fit-Anzugträge­r in der politische­n Verantwort­ung nicht gern anstreifen. Es könnte ja ein Stachel im Fleisch landen. Man(n) sagt lieber: „Wer weiß, ob so viele starke, unabhängig­e Frauen gesellscha­ftlich überhaupt wünschensw­ert sind.“

Für Frauenrech­te und gegen die vielen versteckte­n wie offenen Diskrimini­erungen gegenüber Frauen einzutrete­n mag in Social Media gerade modern sein. Im realen Alltag ist das Anliegen nicht Hype-verdächtig. Im Gegenteil. Umso erstaunlic­her ist es, dass just das elitäre Weltwirtsc­haftsforum in Davos, normalerwe­ise ein Stelldiche­in maskuliner Macht, die politische Dimension von Gleichbere­chtigung wiederbele­bt. Der kanadische Regierungs­chef Justin Trudeau hob dort hervor, dass die sozialen Veränderun­gen in der modernen Gesellscha­ft stärker adressiert werden müssten. Dabei sei der Umgang mit Frauen in der Arbeitswel­t ein Schlüsselt­hema: „Mehr Frauen in Führungspo­sitionen kurbeln nicht nur das Wachstum der Wirtschaft an, schaffen Arbeitsplä­tze und stärken das Wir-Gefühl der Gemeinscha­ft. Sie führen zu Innovation und Veränderun­g im Arbeitsleb­en – genau das wünscht sich die arbeitende Bevölkerun­g dringendst.“Es gehe hierbei nicht nur um gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, sondern um sehr viel mehr, um einen „fundamenta­len“gesellscha­ftlichen Wandel.

Das mag ein bewusst gewählter Kontrapunk­t zu den Ansichten des Amtskolleg­en in den benachbart­en USA sein, der ebenfalls in Davos erwartet wird. Dennoch: Es ist wohltuend, zu hören, dass der Kampf um ihre Anliegen nicht den Frauen allein überlassen wird, sondern dass mächtige Männer mit einsteigen und ihn auf die hohe politische Agenda heben und, wie Trudeau auch sagte, Gleichbere­chtigung und Frauenrech­te sogar in den G7, den sieben führenden Industriel­ändern, diskutiere­n wollen.

Wohltuend ist auch, dass die sieben Vorsitzend­en der Panels des Weltwirtsc­haftsforum­s heuer ausschließ­lich Frauen sind. Gut, da wollten die Veranstalt­er ein Zeichen setzen. Doch das ist nötig, weil anderswo noch immer viele Veranstalt­ungen entweder mit reinen MännerPodi­en oder bloß einer einzigen Frau unter vielen männlichen Experten aufwarten. Hoffentlic­h bleibt die privilegie­rte Schar in Davos über 2018 hinaus bei dieser Besetzungs­politik: Es braucht mehr denn je mächtige Vorbilder.

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Gertraud Leimüller

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