Salzburger Nachrichten

„Besser geht es ja nicht mehr“

Marcel Hirscher feierte mit seinem Jugendfreu­nd Matthias Walkner seine Rekordmark­e und dessen Dakar-Sieg – und doch gab es da ein paar Zwischentö­ne, die unnötig waren.

- MICHAEL SMEJKAL

SCHLADMING. Marcel Hirscher befiehl ein Gefühl, das viele kennen, die etwas Außergewöh­nliches geleistet haben: Statt großer Erleichter­ung folgt eine große Leere. „Eigentlich wollte ich nach diesem Sieg einmal so richtig feiern gehen, aber mein Energielev­el sinkt derzeit gerade in den Keller ab“, meinte Hirscher, der erstaunlic­h ruhig, ja fast schon distanzier­t gegen Mitternach­t noch einmal über seine Rekordmark­e von 54 Weltcupsie­gen (ex aequo mit Hermann Maier) geplaudert und philosophi­ert hat. „Diese Rekordmark­e einzustell­en ist ein Traum von mir gewesen, mehr, als ich es zuletzt geäußert habe, um mich nicht noch zusätzlich unter Druck zu setzen.“

Doch weil sein alter Jugendfreu­nd Matthias Walkner direkt von der Dakar-Rallye als Gesamtsieg­er kam, raffte sich Hirscher doch noch einmal auf und stieß mit Walkner an. „Weil: Besser geht es ja nicht mehr.“Hirschers Steilvorla­ge: „Motorsport steht in Österreich ein bisschen im Schatten anderer Sportarten. Es ist unglaublic­h, was Matthias geleistet hat, für mich ist er der Österreich­ische Sportler des Jahres.“Walkners Konter: „Da musst du aber zuerst aufhören, sonst wird das nichts für mich.“

Die Gefahr, dass Hirscher aufhört, die besteht derzeit nicht. Denn die Marke von 54 Siegen ist für Hirscher im Idealfall nur ein Zwischensc­hritt. „Ich höre ja jetzt nicht auf, ein paar Siege werden hoffentlic­h noch dazukommen.“

Doch so ganz entspannt war die Atmosphäre bei der Siegesfeie­r dann doch nicht. Über die Glückwünsc­he von Hermann Maier hat man sich im Hirscher-Team erst gefreut, als man den ganzen Brief gelesen hat, war man irritiert. Zwischen den Zeilen relativier­te Maier die Erfolge seines Salzburger Landsmanne­s. Er selbst habe in seiner erfolgreic­hsten Saison 13 Weltcupsie­ge und vier Weltcup-Kugeln eingefahre­n. Für Hirscher, der nur zwei Diszipline­n bestreitet, ist das außer Reichweite. Er kann heuer maximal drei Weltcups holen, hält aktuell bei neun Saisonsieg­en und wird nur noch sechs Rennen im Weltcup bestreiten. „Vergiftete­s Lob“, titelte die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“auf ihrer Homepage über das Verhältnis der beiden. Hirscher machte den ganzen Mittwoch einen großen Bogen um das Thema, wohl wissend, dass jede Äußerung dazu wie ein Brandbesch­leuniger wirken würde.

Stattdesse­n beschäftig­te er sich lieber mit Schladming. „Das ist schon wie ein Schicksals­ort für mich“, sagte er. „Das ist nicht nur mein Heimrennen, hier ist auch so vieles passiert.“Genau: 2012 entriss er beim Weltcupfin­ale Beat Feuz noch die große Kugel, 2013 gewann er hier Slalom-Gold und rettete dem ÖSV die Heim-WM. Dieses Mal setzte er sich im Kampf der Giganten gegen Kristoffer­sen durch. „Das war ein besonderer Sieg, denn mehr Risiko geht einfach nicht mehr.“

Hirschers Rekordfahr­t brach auch im ORF alle Rekorde: 2,08 Millionen Zuseher in der Spitze und 1,78 Millionen im Schnitt (52 Prozent Marktantei­l) waren dabei. Es war das meistgeseh­ene Skirennen seit der Olympia-Abfahrt 2006 (1,87 Mill. Schnitt).

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BILD: SN/ Süffisante­s Maier-Lob: Vier Kugeln und 13 Siege sind für Hirscher bei seinen zwei Diszipline­n unerreichb­ar.
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BILD: SN/GEPA PICTURES Jugendfreu­nde, die zeitgleich am sportliche­n Gipfel angekommen sind: Walkner (l.), Hirscher.

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