Nachdenken über die Digitalisierung
Immer wieder höre und lese ich (natürlich auch in den SN) von der Digitalisierung, die jetzt mit voller Wucht kommen wird. Deshalb gibt es dafür nun auch ein Ministerium, damit wir ja nicht den Anschluss verpassen. Nicht Schlusslicht, sondern digitale Anführer wollen wir sein! Sind die Menschen, die sich dazu skeptisch bis ablehnend äußern (und ich kenne fast ausschließlich solche), wirklich eine kleine, ängstliche Retro-Minderheit, die noch nicht begriffen hat, wie unvermeidlich der digitale Zug bereits fährt? Denn wer nicht aufspringt, der bleibt über – so der Tenor.
Ich für meinen Teil bleibe ganz gern über. Ich will, dass noch was übrig bleibt von der analogen, unmittelbaren und sinnlichen Welt – in mir und um mich herum. Ich gestehe: Ich sperre meine Haustür lieber mit einem Schlüssel auf als mit einer App auf dem Smartphone. Ich erledige meine Bankgeschäfte lieber mit einem freundlichen Mitarbeiter als einsam vor einem Bildschirm. Ich kaufe meine Bücher lieber beim Buchhändler als bei Amazon. Ich will nicht noch mehr vernetzt, beworben und datenmäßig erfasst werden. Mir reicht der digitale Status quo längst im Übermaß. Ich bin auch sehr froh, dass ich heute (noch?) meine digitalfreien Nischen leben und entwickeln kann. So stellt sich die Frage: Gibt es so etwas wie eine Idee vom digitalen Endausbau? Wann ist es genug?
Ein Digitalisierungsstopp, ein Nachdenken darüber, was wirklich sinnstiftend, bewegend und erfüllend ist, wäre hier das Mittel der Wahl. Ich bezweifle, dass bei solchen Überlegungen letztlich herauskommt, dass wir noch mehr Bildschirme, noch größere Datenmengen und noch mehr virtuelle Kontakte brauchen. Dr. Alfred Aichinger 5020 Salzburg