Die Kreativität des Affineurs
Bernhard Gruber veredelt Käse und spielt dabei mit den Geschmacksnuancen. Dafür greift er zu Schokolade, Gewürzen, Asche oder Früchten.
RIEGERSBURG. Bernhard Gruber ist ein Handwerker, ein Affineur. „Ich entwerfe Käse und bringe den grünen Käse, den Rohling, zur Blüte“, erklärt der gebürtige Salzburger. Übersetzt heißt das: Gruber veredelt Käse und pflegt ihn während des Reifens. All das geschieht in seiner Fromagerie zu Riegersburg in der Steiermark.
Käse wird dort nicht hergestellt. Gruber arbeitet mit Bauern und Kleinsennereien zusammen, die seine Liebe zum Produkt teilen. Sie versorgen ihn mit Schnitt-, Hart- und Weichkäserohlingen aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch. Mit welchen Zutaten die Käse veredelt werden, entscheidet der Affineur mit seinen Partnern. Zugute kommt ihm dabei seine Ausbildung als Koch.
Gelernt hat Gruber in einem Salzburger Nobelhotel. Danach ist er mehrere Jahre „durch die Gastronomie gesegelt“, hat sogar am Königshof von Bhutan gekocht. Er selbst sagt über sich, dass er ab seinem 15. Lebensjahr mit allen möglichen Lebensmitteln „gefüttert“worden sei, was zur Geschmacksbildung beigetragen habe. Darüber hinaus war er als Almsenner tätig und hat sich zum diplomierten Käsesommelier ausbilden lassen. All das kommt dem Affineur jetzt zugute. „Ich nehme einen Käse in den Mund und weiß, wo es beim Veredeln hingehen soll.“
Dafür verwendet er Gewürze, Kräuter, Öle, Liköre oder getrocknete Früchte. Heraus kommen Kreationen wie Vulkanland Cheddar mit Buchenasche und Schabzigerklee, Bierkäse mit Honig und Hopfen, Schafkäse mit kandierter Mango und Rose, Almkäse mit Naturschimmelrinde und Schokolade oder Blauschimmelkäse mit Schokolade und Schokolikör. An die 40 Käsesorten hält Gruber in der Hochsaison zwischen Mai und Oktober für seine Kunden bereit. Neben Klassikern gibt es jedes Jahr auch Neuheiten – heuer ein Rotschmierbrie mit Rum und Zwetschke sowie ein Nougatcamembert. Dafür fallen manche Kreationen, die zu wenig gefragt sind, aus dem Sortiment, denn Käse ist ein verderbliches Produkt, das man nicht ewig lagern kann.
„Neues wird in Minimummengen probiert, dann arbeiten wir uns hoch“, erklärt Gruber. Wir – das sind er, seine drei Mitarbeiter und die Partnerbetriebe. Manchmal gehe auch etwas daneben, ein Scheitern gebe es aber nur im kleinen Rahmen. Um zu sehen, wie gut zum Beispiel Nougat mit Camembert harmoniert, strich Gruber Nougat auf ein Stück Ziegenmilchcamembert. Das schmeckte ihm gar nicht, Nougat mit Kuhmilchcamembert hingegen schon. Dieser wird für das neue Produkt mit der Käseharfe in mehrere Schichten zerteilt. Auf diese kommt das Nougat. Die Schichten werden wieder zusammengesetzt und der weiße Schimmel wächst schließlich über die Schnittstellen.
Käse fasziniert Gruber immer wieder aufs Neue: „Rind schmeckt immer nach Rind, egal woher es kommt. Aber Käse ist heute das und in drei Monaten das – das ist cool. Sein Geschmack verändert sich während der Reifung sehr.“Optimal für die Reifung sind 14 Grad Celsius und 85 bis 95 Prozent Luftfeuchtigkeit. Wie lange Käse reift, hängt von der Sorte ab. Währenddessen „verhätschelt“Gruber den Käse. Er muss ihn zum Beispiel mit einer Rotkultur und Salzwasser behandeln und ihn umpacken.
Geschmack ist aber auch von der Jahreszeit abhängig. Während Bergkäse ein standardisiertes Produkt ist und fast immer gleich schmeckt, variiert hingegen Almkäse. Er wird aus Direktmilch hergestellt. Sein Geschmack hängt vom Gras und den Kräutern ab, die die Kühe fressen. Es gibt deshalb einen Vorsommer- und einen Herbstkäse, erklärt Gruber. Auch bei der Konsistenz und Intensität von Ziegenkäse merke man die Jahreszeit.
Käse lässt sich auch daheim veredeln, der Affineur hat dafür ein paar Tipps. „Zu einem ausgereiften Camembert passt Süße.“Gruber empfiehlt, den Camembert mit einem Likör einzupinseln oder ihn mit einem Nusshonig, Marmelade oder Kompott zu genießen. Süße Produkte passen ebenfalls zu Blauschimmelkäse. Rotkulturkäse harmoniert mit Birnen- oder Tresterbrand, mit dem man ihn bestreicht. Die Rinde nimmt die Flüssigkeit auf.
Wichtig ist für Gruber, dass man die Grundprodukte vor dem Affinieren kennt. Den Lieblingskäse mit verschiedenen Dingen zu kombinieren – das ist für ihn Kulinarik. „Ausprobieren macht Spaß.“WWW.THECHEESEARTIST.AT
„Käse verändert sich immer wieder. Das fasziniert mich.“Bernhard Gruber, Affineur