Bei Stress läuft man im Notfallmodus
Anspannung, Stress und Angst sind psychische Auslöser für körperliche Beschwerden. Manchen wird schlecht, andere haben den sprichwörtlichen „Knödel im Magen“. Die Reaktionen kann man mit ein paar Kniffen in den Griff bekommen.
Nicht nur der norwegische Skirennläufer Henrik Kristoffersen leidet unter Übelkeit vor den Rennen. Unter Stress entledigt sich der Körper überflüssiger Dinge. Wie man das in den Griff bekommen kann.
WIEN. Manchmal genügt allein der Gedanke an eine Prüfung und schon beginnt der Magen zu schmerzen. Vor einer Prüfung hält einen der grummelnde Bauch am stillen Örtchen fest. Oder das Frühstück will ausgerechnet vor der wichtigen Präsentation im Job wieder ins Freie. Kurzum: Der Körper reagiert mitunter sehr körperlich auf stressige Situationen. Und handelt entsprechend. Und entledigt sich aller Dinge, die er jetzt gerade nicht brauchen kann. Und stellt Körperfunktionen – weitgehend – ein, die jetzt nur stören würden. Wie zum Beispiel die Verdauung.
Zuletzt wurde von den Medien die körperliche Reaktion des norwegischen Skifahrers Henrik Kristoffersen diskutiert. Es werde ihm regelmäßig kurz vor dem Rennen schlecht und er müsse sich am Start mehrfach übergeben.
Tatsächlich ist der sympathische Skifahrer Kristoffersen nicht allein mit seinen Stresssymptomen. Ob Marathonläufer oder Fußballer – Hochleistungsathleten, aber auch Künstler: Sie alle kennen diese vorübergehenden Magen-Darm-Beschwerden vor den Wettkämpfen und Auftritten, die aufsteigende Übelkeit, den nervösen Magen, der kein Frühstück behält.
„Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall gehören prinzipiell immer abgeklärt“, sagt der Sportmediziner Piero Lercher von der Medizinuniversität Wien. Es könne durchaus sein, dass einem ständig bei Aufregung schlecht werde, weil man an einem Reizdarm leide. Oder eine Infektion habe. Oder etwas gegessen habe, was man nicht gut verträgt. Zum Beispiel nähmen Laiensportler gern vor einer sportlichen Leistung Elektrolytgetränke zu sich. Doch die schmeckten recht speziell, leicht süßlich und zugleich salzig. Kein Wunder, dass da manchem schlecht werde. „Am besten ist man dran, wenn man vor einer Stresssituation, egal ob vor einer sportlichen oder beruflichen Herausforderung, das isst und trinkt, woran man gewöhnt ist. Das ist bei jedem Menschen sehr unterschiedlich“, sagt Lercher.
„Schuld“an dem körperlichen Debakel bei Stresssituationen sei der Nervus vagus, sagt der Sportmediziner. Dieser Nerv ist der größte des vegetativen Nervensystems, das alle biologisch automatisch ablaufenden Vorgänge steuert, wie etwa die Atmung. Der Nervus vagus ist an der Regulation fast aller inneren Organe beteiligt.
Beteiligt ist auch das Zwischenhirn, das alle Hormone dirigiert. Droht zum Beispiel Gefahr, meldet das Zwischenhirn das an die Nebenniere. Und die schüttet daraufhin eine gehörige Menge des Stresshormons Cortisol aus. Sofort wird die Atmung beschleunigt, der Puls rast, das Herz klopft einem buchstäblich „bis zum Hals“, die Muskulatur wird stark durchblutet. Für diese Leistung brauchen Herz, Lunge und Muskeln Energiereserven, die aus dem Magen-Darm-Trakt abgezogen werden. Denn die Verdauung braucht sehr viel Energie und benötigt viel Sauerstoff und Blut. In Belastungssituationen ist das aber unproduktiv.
Doch dann ist der Mensch zur Flucht bereit. Oder kampfbereit. Oder bereit, sich mit Todesmut eine steile Piste hinunterzustürzen und dabei Kopf und Kragen zu riskieren. Oder vor Tausenden Zuschauern auf die Bühne zu steigen und seine Kunst darzubieten.
Wer unter solchen Symptomen leide, könne sie mit dem sogenannten Stressmanagement in den Griff bekommen, erklärt Lercher. Es helfe zum Beispiel Yoga. Oder QigongÜbungen, bewusstes Atem und eine allgemeine Entspannungstechnik. Wichtig sei auch die Ernährung, die, wie bereits erwähnt, möglichst eine gewohnte sein soll. Auch Ausdauersport helfe bei der Entspannung von Körper und Geist.