Niederösterreich bleibt schwarz, Wien bleibt rot
Zweifaches Wahlwochenende: Warum sich Mikl-Leitner nicht fürchten muss. Und warum Häupl seine Nachfolgekandidaten rüffelte.
WIEN. Exakt 1.387.324 Damen und Herren haben am kommenden Wochenende die Gelegenheit, die erste politische Markierung nach der Nationalratswahl vom 15. Oktober zu setzen. Die besagten 1.387.324 Personen teilen sich auf in 981 Wiener SPÖ-Parteitagsdelegierte, die am Samstag einen neuen Wiener SPÖ-Chef küren werden. Und in 1.386.343 Niederösterreicher, die am Sonntag zur Landtagswahl aufgerufen sind.
Glaubt man den Experten, sind weder durch die Landtagswahl noch durch den Parteitagsentscheid gravierende Änderungen in der politischen Landschaft zu erwarten. In Niederösterreich ist die neue Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zwar in große Fußstapfen getreten, nämlich die ihres Vorgängers Erwin Pröll, der bei seiner letzten Landtagswahl locker die 50-Prozent-Hürde übersprang. Doch auch Nachfolgerin Mikl-Leitner liegt in allen Umfragen deutlich voran, zudem hat sie sich selbst mit 45 Prozent ein eher niedriges Wahlziel vorgegeben. Sie kann vom Aufwind profitieren, den der Wahlsieg und die Kanzlerschaft ihres Parteifreundes Sebastian Kurz ausgelöst haben; und vom Abwind, dem sich die FPÖ dank ihres umstrittenen Spitzenkandidaten Udo Landbauer ausgesetzt sieht. Niederösterreich wird, das kann gefahrlos prophezeit werden, ein schwarzes Land bleiben.
Ebenso wird Wien ein rotes Land bleiben, einerlei ob nun Andreas Schieder (derzeit SPÖ-Klubchef im Nationalrat) oder Michael Ludwig (derzeit Wiener Wohnbaustadtrat) an die Spitze der stärksten und mächtigsten SPÖ-Landesparteiorganisation tritt und in weiterer Folge Bürgermeister wird. Die beiden Nachfolgekandidaten stellen sich beim Parteitag einer sogenannten Kampfabstimmung, was für die straff geführte SPÖ eine Besonderheit ist. Schieder steht für den linken Parteiflügel, Ludwig für den rechten. Schieder steht für die innerstädtischen Bobo-Bezirke, Ludwig für die großen Arbeiterbezirke am Rande der Stadt. Schieder gilt als Kandidat des Parteiestablishments von Kern bis Häupl, Ludwig als Kandidat der Basis. Bemerkenswerterweise gelang den beiden Kontrahenten ein mustergültiger und sauberer Wahlkampf. Beide stellten sich Hearings vor den Delegierten, beide verwiesen lieber auf ihre Stärken statt auf die Schwächen des Kontrahenten. Es stellte sich heraus, dass die beiden HäuplNachfolgekandidaten mehr verbindet als trennt. Dieser Tage mussten die beiden Kontrahenten sogar einträchtig einen Rüffel von Nochparteichef Michael Häupl hinnehmen. Schieder und Ludwig hatten sich unisono dafür ausgesprochen, Zuwanderern erst nach einer Wartefrist Sozialleistungen zukommen zu lassen. Häupl wies dies brüsk zurück. Die Auseinandersetzung zwischen dem scheidenden Chef und seinen Nachfolgekandidaten deutet darauf hin, dass die wientypische Willkommenskultur ein wenig abgeschwächt werden wird. Einerlei, wer sich am Sonntag bei der Parteitagskür durchsetzt.