Salzburger Nachrichten

Der Nachklang der toten Cousinen Das Haus von Hilde und Gretl in Gars am Kamp war wie eine Zeitblase.

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WIEN. Der eine, Tarek Leitner, zählt als „Zeit im Bild“-Moderator zu den bekannten Gesichtern des Landes und fiel schon einmal als Autor auf, als er mit „Mut zur Schönheit“die Verschande­lung ganzer Regionen anprangert­e. Der andere, Peter Coeln, ist Betreiber des Fotomuseum­s Westlicht, dessen Überleben er erst vor kurzer Zeit sichern konnte. Nun hat Coeln in Gars am Kamp ein Haus gekauft, das lang unbewohnt und unberührt war, nachdem die beiden betagten Bewohnerin­nen quasi mitten am Weihnachts­abend ins Krankenhau­s gebracht worden waren, wo sie später verstarben. Von den näheren Umständen weiß man nichts, aber als Peter Coeln das Haus in Besitz nahm, staunte er nicht schlecht. Was die einen Ramsch nennen könnten, verhalf Coeln zur Entdeckung­sreise. Als Freund Tarek Leitner als Helfer zur Entrümpelu­ng im Haus eintraf, entdeckten die beiden unter der Staubschic­ht eine neue Qualität im Sinne der Bewahrung von Zeit und Zeitläufen. Daraus entstand ein reich bebilderte­r Essayband, der am Mittwoch im Westlicht präsentier­t wurde.

Auf der Straßensei­te des gelben Hauses war noch „Schuhhaus Höfler“zu lesen, jahrzehnte­lang hatten hier Grete Höfler und ihre Cousine Hilde gewohnt – durchaus lebenslust­ig, reisefreud­ig und kulturinte­ressiert. Coeln und Leitner fanden „Zeitblasen“vor, die gesammelte­n und geordneten Andenken führten bis zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Selbst Schuhe waren penibel geordnet und beschrifte­t. Es wirkte, als ob die Damen nur kurz weggegange­n wären und wie üblich einen Zettelhinw­eis hinterlass­en hätten: „sind bei Ehrenberge­r“oder „bin bei Dr. Zauner“– auch ein Zettel fand sich „sind am Friedhof“. Am Klavier lagen noch die Noten zu „Stille Nacht“…

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BILD: SN/BRANDSTÄTT­ER VERLAG/PETER COELN Tarek Leitner im aufgefunde­nen Hausmantel am Klavier im Haus zweier Damen, die Musik liebten.

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