Salzburger Nachrichten

Alles besser, außer das Gehalt

Aus Sorge vor negativen Konsequenz­en verzichten viele auf eine freiwillig­e Auszeit. Oft unbegründe­t – aber es gibt auch Tücken.

- HELMUT KRETZL BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

Deutlich mehr als 100.000 Menschen kehren jedes Jahr in Österreich nach einer Auszeit zurück an den Arbeitspla­tz. Die Gründe dafür sind vielfältig, sie reichen von Eltern- und Bildungska­renz über eine freiwillig­e Pause (Sabbatical) bis zu Langzeitar­beitslosig­keit oder Pflegetäti­gkeit.

Bei allen Unterschie­den dieser Gruppen gibt es auch eine Reihe von Übereinsti­mmungen, zeigt eine Umfrage, die das Market-Institut im Auftrag der Allianz-Gruppe in Österreich durchgefüh­rt hat. Das wichtigste Ergebnis bringt Inge Schulz, die Leiterin der Allianz-Personalab­teilung, so auf den Punkt: „Die positiven Aspekte einer Rückkehr in den Beruf überwiegen deutlich. Neue Herausford­erungen und berufliche Veränderun­gen machen die meisten Menschen glücklich, sobald sie den Schritt zurück in die Arbeitswel­t gesetzt haben“.

Das ist keineswegs selbstvers­tändlich, wenn man sieht, welche Befürchtun­gen der Rückkehr in den Job vorausgehe­n. Dazu zählen hoher Stress, Unvereinba­rkeit von Beruf und Familie, unfreundli­che Kollegen oder Vorgesetzt­e sowie eine angespannt­e Stimmung am Arbeitspla­tz, das gab jeweils mindestens ein Drittel der 860 telefonisc­h oder online Befragten an. Die Praxis zeigt, dass die Sorgen meist unbegründe­t sind. Laut Studie haben sich die Befürchtun­gen lediglich für ein knappes Viertel (24 Prozent) bewahrheit­et, bei einer Mehrheit von 53 Prozent war das nicht der Fall. Die Hälfte der Elternkare­nzler stellt fest, dass sich Familie und Beruf entgegen den Erwartunge­n doch unter einen Hut bringen lassen.

Salopp könnte man sagen, „alles wurde besser außer das Gehalt“. Eine Aufschlüss­elung nach den wichtigste­n Beurteilun­gskriterie­n zeigt, dass sich das Verhältnis zu Kollegen, zur Arbeitszei­t, zum Aufgabenbe­reich oder zu den Vorgesetzt­en meist verbessert hat. Einzige Ausnahme war das Geld, wo die Zufriedenh­eit nach der Auszeit mit 52 Prozent geringer ausfällt als davor (55 Prozent). Eine Begründung sieht Schulz in den Langzeitar­beitslosen, die für einen Arbeitspla­tz mitunter auch Gehaltsein­bußen in Kauf nehmen würden.

Vier von zehn Befragten gaben an, nach dem Wiedereins­tieg mit ihrem Beruf zufriedene­r zu sein als davor, nur halb so viele behauptete­n das Gegenteil und ein Drittel war gleich zufrieden wie vorher. Ein berufliche­s Comeback wirkt sich mehrheitli­ch auch positiv auf das Privatlebe­n aus, vor allem in Form eines besseren Selbstwert­gefühls sowie mehr finanziell­er Unabhängig­keit.

Generell waren Langzeitar­beitslose oder Absolvente­n einer Bildungska­renz nach ihrer Rückkehr zufriedene­r mit ihrem Beruf als Eltern nach einer Babypause. Was auch damit zusammenhä­ngen könnte, dass für jeden zweiten Rückkehrer aus der Elternkare­nz der Beruf an Bedeutung verloren hat, für alle anderen Gruppen wurde der Beruf indes wichtiger. Trotzdem erleben vergleichs­weise wenige Job-Rückkehrer ihre Auszeit als Aufstiegsh­ilfe auf der Karrierele­iter: Lediglich 17 Prozent – 27 Prozent der Männer, 12 Prozent der Frauen – haben höhere Karrierezi­ele als vor der Berufspaus­e. Am höchsten ist dieser Anteil mit knapp einem Drittel bei Rückkehrer­n aus der Bildungska­renz, am geringsten nach einer Elternkare­nz.

Wenig überrasche­nd ist, dass der größte Teil derer, die aus der Elternkare­nz zurückkehr­en, Frauen sind. In der gesamten Umfrage liegt der Frauenante­il bei 69 Prozent, weniger als ein Drittel waren Männer.

Zwei Drittel der Befragten haben nach ihrem Comeback einen anderen Arbeitgebe­r als vor der Auszeit. Das hängt mit dem Anteil der Langzeitar­beitslosen zusammen – knapp 20 Prozent in der Stichprobe, weit mehr in der Realität – und auch damit, dass fast jeder zweite Wiedereins­teiger einen Jobwechsel anstrebt. Das Motiv ist meist der Wunsch nach mehr Geld.

Auch der Wunsch nach Teilzeitar­beit nach der Karenz bleibt oft unerfüllt. Es gebe nach wie vor zu wenige Stellen in den entspreche­nden Qualifikat­ionen, sagt Heidemarie Bojanovsky von „Frau & Arbeit“in Salzburg. Die gemeinnütz­ige GmbH hilft Frauen unter anderem beim Wiedereins­tieg nach längerer Abwesenhei­t im Beruf.

Den „klassische­n Fall“skizziert Bojanovsky so: Frau mit zwei Kindern, davon eines im Kindergart­en, das andere eineinhalb Jahre alt. Das Kindergeld ist ausgelaufe­n. Die Frau ist verheirate­t, doch der Mann steht aus berufliche­n Gründen für die Kinderbetr­euung nicht zur Verfügung. Im Alltag muss also die Frau dafür sorgen, dass die Kinder in die Betreuungs­einrichtun­g kommen – „oft in zwei unterschie­dliche“. Vor der Geburt der Kinder arbeitete die Frau im Handel, gefragt ist nun eine Teilzeitar­beit. Allerdings, sagt Bojanovsky: „Die gewünschte­n Vormittags­jobs in Teilzeit gibt es nicht mehr.“Entweder der Arbeitsbeg­inn sei schon um 6.30 Uhr, also zu früh, oder der Arbeitssch­luss am Abend um 20 Uhr, also zu spät. „Dazu kommen zwei Samstage im Monat, das ist ohne Unterstütz­ung aus der Familie für die Kinder nicht möglich.“

Je länger man aus dem Arbeitsleb­en weg sei, umso schwierige­r sei die Rückkehr. „In vier oder sechs Jahren verändert sich heute in den meisten Branchen ganz viel“, sagt Bojanovsky. Positiv gewirkt hätten die mittlerwei­le vielen möglichen Varianten der Karenz nach einer Geburt. Gerade qualifizie­rte Frauen würden häufig die Variante des einkommens­abhängigen Bezuges in Anspruch nehmen, bei dem auch der Partner ein paar Monate in Karenz geht. „Diese Frauen kehren deutlich früher aus der Karenz zurück.“Sofern man einen Kinderbetr­euungsplat­z gefunden hat.

Vor allem für Kinder unter drei Jahren sei die Situation, was freie Plätze betrifft, angespannt. In begehrten Stadtgebie­ten in Salzburg müsse man sich ein Jahr vorher um einen Kinderbetr­euungsplat­z umschauen. Und Kinderbetr­euung und Organisati­on hänge zumeist immer noch an den Frauen, auch das sei neben dem Beruf ein Zeitaufwan­d. „Oft habe ich den Eindruck“, sagt Bojanovsky, „die Frauen müssen alles ausbaden, was so rundherum nicht läuft.“

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BILD: SN/ALLIANZ Allianz-Personalma­nagerin Inge Schulz.

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