Alles besser, außer das Gehalt
Aus Sorge vor negativen Konsequenzen verzichten viele auf eine freiwillige Auszeit. Oft unbegründet – aber es gibt auch Tücken.
Deutlich mehr als 100.000 Menschen kehren jedes Jahr in Österreich nach einer Auszeit zurück an den Arbeitsplatz. Die Gründe dafür sind vielfältig, sie reichen von Eltern- und Bildungskarenz über eine freiwillige Pause (Sabbatical) bis zu Langzeitarbeitslosigkeit oder Pflegetätigkeit.
Bei allen Unterschieden dieser Gruppen gibt es auch eine Reihe von Übereinstimmungen, zeigt eine Umfrage, die das Market-Institut im Auftrag der Allianz-Gruppe in Österreich durchgeführt hat. Das wichtigste Ergebnis bringt Inge Schulz, die Leiterin der Allianz-Personalabteilung, so auf den Punkt: „Die positiven Aspekte einer Rückkehr in den Beruf überwiegen deutlich. Neue Herausforderungen und berufliche Veränderungen machen die meisten Menschen glücklich, sobald sie den Schritt zurück in die Arbeitswelt gesetzt haben“.
Das ist keineswegs selbstverständlich, wenn man sieht, welche Befürchtungen der Rückkehr in den Job vorausgehen. Dazu zählen hoher Stress, Unvereinbarkeit von Beruf und Familie, unfreundliche Kollegen oder Vorgesetzte sowie eine angespannte Stimmung am Arbeitsplatz, das gab jeweils mindestens ein Drittel der 860 telefonisch oder online Befragten an. Die Praxis zeigt, dass die Sorgen meist unbegründet sind. Laut Studie haben sich die Befürchtungen lediglich für ein knappes Viertel (24 Prozent) bewahrheitet, bei einer Mehrheit von 53 Prozent war das nicht der Fall. Die Hälfte der Elternkarenzler stellt fest, dass sich Familie und Beruf entgegen den Erwartungen doch unter einen Hut bringen lassen.
Salopp könnte man sagen, „alles wurde besser außer das Gehalt“. Eine Aufschlüsselung nach den wichtigsten Beurteilungskriterien zeigt, dass sich das Verhältnis zu Kollegen, zur Arbeitszeit, zum Aufgabenbereich oder zu den Vorgesetzten meist verbessert hat. Einzige Ausnahme war das Geld, wo die Zufriedenheit nach der Auszeit mit 52 Prozent geringer ausfällt als davor (55 Prozent). Eine Begründung sieht Schulz in den Langzeitarbeitslosen, die für einen Arbeitsplatz mitunter auch Gehaltseinbußen in Kauf nehmen würden.
Vier von zehn Befragten gaben an, nach dem Wiedereinstieg mit ihrem Beruf zufriedener zu sein als davor, nur halb so viele behaupteten das Gegenteil und ein Drittel war gleich zufrieden wie vorher. Ein berufliches Comeback wirkt sich mehrheitlich auch positiv auf das Privatleben aus, vor allem in Form eines besseren Selbstwertgefühls sowie mehr finanzieller Unabhängigkeit.
Generell waren Langzeitarbeitslose oder Absolventen einer Bildungskarenz nach ihrer Rückkehr zufriedener mit ihrem Beruf als Eltern nach einer Babypause. Was auch damit zusammenhängen könnte, dass für jeden zweiten Rückkehrer aus der Elternkarenz der Beruf an Bedeutung verloren hat, für alle anderen Gruppen wurde der Beruf indes wichtiger. Trotzdem erleben vergleichsweise wenige Job-Rückkehrer ihre Auszeit als Aufstiegshilfe auf der Karriereleiter: Lediglich 17 Prozent – 27 Prozent der Männer, 12 Prozent der Frauen – haben höhere Karriereziele als vor der Berufspause. Am höchsten ist dieser Anteil mit knapp einem Drittel bei Rückkehrern aus der Bildungskarenz, am geringsten nach einer Elternkarenz.
Wenig überraschend ist, dass der größte Teil derer, die aus der Elternkarenz zurückkehren, Frauen sind. In der gesamten Umfrage liegt der Frauenanteil bei 69 Prozent, weniger als ein Drittel waren Männer.
Zwei Drittel der Befragten haben nach ihrem Comeback einen anderen Arbeitgeber als vor der Auszeit. Das hängt mit dem Anteil der Langzeitarbeitslosen zusammen – knapp 20 Prozent in der Stichprobe, weit mehr in der Realität – und auch damit, dass fast jeder zweite Wiedereinsteiger einen Jobwechsel anstrebt. Das Motiv ist meist der Wunsch nach mehr Geld.
Auch der Wunsch nach Teilzeitarbeit nach der Karenz bleibt oft unerfüllt. Es gebe nach wie vor zu wenige Stellen in den entsprechenden Qualifikationen, sagt Heidemarie Bojanovsky von „Frau & Arbeit“in Salzburg. Die gemeinnützige GmbH hilft Frauen unter anderem beim Wiedereinstieg nach längerer Abwesenheit im Beruf.
Den „klassischen Fall“skizziert Bojanovsky so: Frau mit zwei Kindern, davon eines im Kindergarten, das andere eineinhalb Jahre alt. Das Kindergeld ist ausgelaufen. Die Frau ist verheiratet, doch der Mann steht aus beruflichen Gründen für die Kinderbetreuung nicht zur Verfügung. Im Alltag muss also die Frau dafür sorgen, dass die Kinder in die Betreuungseinrichtung kommen – „oft in zwei unterschiedliche“. Vor der Geburt der Kinder arbeitete die Frau im Handel, gefragt ist nun eine Teilzeitarbeit. Allerdings, sagt Bojanovsky: „Die gewünschten Vormittagsjobs in Teilzeit gibt es nicht mehr.“Entweder der Arbeitsbeginn sei schon um 6.30 Uhr, also zu früh, oder der Arbeitsschluss am Abend um 20 Uhr, also zu spät. „Dazu kommen zwei Samstage im Monat, das ist ohne Unterstützung aus der Familie für die Kinder nicht möglich.“
Je länger man aus dem Arbeitsleben weg sei, umso schwieriger sei die Rückkehr. „In vier oder sechs Jahren verändert sich heute in den meisten Branchen ganz viel“, sagt Bojanovsky. Positiv gewirkt hätten die mittlerweile vielen möglichen Varianten der Karenz nach einer Geburt. Gerade qualifizierte Frauen würden häufig die Variante des einkommensabhängigen Bezuges in Anspruch nehmen, bei dem auch der Partner ein paar Monate in Karenz geht. „Diese Frauen kehren deutlich früher aus der Karenz zurück.“Sofern man einen Kinderbetreuungsplatz gefunden hat.
Vor allem für Kinder unter drei Jahren sei die Situation, was freie Plätze betrifft, angespannt. In begehrten Stadtgebieten in Salzburg müsse man sich ein Jahr vorher um einen Kinderbetreuungsplatz umschauen. Und Kinderbetreuung und Organisation hänge zumeist immer noch an den Frauen, auch das sei neben dem Beruf ein Zeitaufwand. „Oft habe ich den Eindruck“, sagt Bojanovsky, „die Frauen müssen alles ausbaden, was so rundherum nicht läuft.“