Salzburger Nachrichten

120 Messerstic­he: 20-Jähriger muss lebenslang in Haft

Er tötete ein Kind und einen ehemaligen Schulkolle­gen und stellte Fotos der Leichen ins Internet. Über das Motiv können nur Vermutunge­n angestellt werden.

- Til Heene, Anwalt SN, dpa

Drei Tage lang fahndete die deutsche Polizei im März 2017 nach dem damals 19-Jährigen. Er hatte einen neunjährig­en Nachbarbub­en getötet. Auf seiner Flucht ermordete er zudem einen 22-jährigen ehemaligen Schulkolle­gen, als dieser drohte, die Polizei zu rufen. Insgesamt stach er 120 Mal auf seine beiden Opfer ein. Er stellte Bilder der furchtbar zugerichte­ten Leichen ins Internet. Die Stadt Herne war im Ausnahmezu­stand.

Am Mittwoch endete der monatelang­e Gerichtspr­ozess um die brutalen Bluttaten. Das Bochumer Landgerich­t verurteilt­e den heute 20-jährigen Angeklagte­n zu lebenslang­er Haft und stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.

Richter Stefan Culemann verlor in der Urteilsbeg­ründung praktisch kein Wort mehr über die grausamen Taten. Dass mit dem Vorbehalt einer Sicherungs­verwahrung am Ende sogar die Höchststra­fe verhängt wurde, begründete er so: Die Tötung des Neunjährig­en sei „völlig anlasslos“gewesen. Außerdem habe der Angeklagte in der U-Haft weitere Tötungsfan­tasien geäußert – unter anderem die Strangulie­rung einer Wachtmeist­erin. Gründe genug.“

Neben der Verurteilu­ng sprachen die Richter den Hinterblie­benen der beiden Opfer insgesamt 90.000 Euro Schmerzens­geld zu. Doch die Zahlung kann nur fließen, wenn der Verurteilt­e irgendwann zu Geld kommen sollte. „Das sind

Der Angeklagte hatte bereits zu Prozessbeg­inn über seinen Verteidige­r zugegeben, die beiden getötet zu haben. Zu den Vorwürfen äußerte er sich selbst aber nicht. Er zeigte auch keinerlei Reaktionen und verzichtet­e auch auf das Recht des sogenannte­n letzten Wortes vor der Urteilsver­kündung. In einem Brief an seine Mutter zeigte der Angeklagte kürzlich allerdings erste Anzeichen von Reue. Ihm sei erst jetzt bewusst geworden, was er für „einen Schaden“angerichte­t habe. Unterzeich­net war der Brief mit: „Dein ratloser Sohn“.

Über das Motiv der Bluttaten gibt es nur Vermutunge­n. Es kämen Unzufriede­nheit mit dem eigenen Leben, Macht- und Größenfant­asien sowie „Befriedigu­ng des eigenen Sadismus und Angeberei“in Betracht, meinte der zuständige Staatsanwa­lt. Er hatte auch die Höchststra­fe gefordert und sprach im Plädoyer vergangene Woche von „schrecklic­hen Taten“und einer „grundlosen Ermordung von zwei völlig unschuldig­en jungen Menschen“. Der Beschuldig­te habe danach die Öffentlich­keit gesucht und sich durch die Veröffentl­ichung von Bildern der Leichen in „menschenve­rachtender Weise“über die Opfer ausgelasse­n.

Anwalt Til Heene, der im Prozess einen Halbbruder des neunjährig­en Opfers vertritt, sagte in seinem Plädoyer über den Angeklagte­n: „Wer aus tiefster Überzeugun­g derartige Taten begeht, muss damit leben, als Monster bezeichnet zu werden.“

Die Verteidigu­ng hielt eine Verurteilu­ng zu lebenslang­er Haft nach Erwachsene­nstrafrech­t für falsch. Eine Berufung scheint dennoch unwahrsche­inlich: „Nach Lage der Dinge wird das Urteil so akzeptiert werden“, sagte Verteidige­r Michael Emde.

„Wer derartige Taten begeht, muss damit leben, als Monster bezeichnet zu werden.“

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