Handel hofft auf lockere Geldtaschen
Bei Lebensmitteln gab es 2017 das stärkste Wachstum, während bei Büchern oder Elektronik das Online-Geschäft die Umsätze der stationären Händler anknabberte. Das Minus bei Spielwaren hat aber einen anderen Grund.
WIEN. Österreichs Einzelhandel blickt einigermaßen zufrieden auf das Jahr 2017 zurück. Das nominelle Umsatzplus von 2,0 Prozent lag klar über dem Vergleichswert von 0,6 Prozent, es war zugleich das stärkste Wachstum im Einzelhandel seit dem Jahr 2010, damals gab es ein Plus von 2,7 Prozent. Inflationsbereinigt bleibt ein kleines Nettoplus von 0,3 Prozent.
Kein Anlass für überschwänglichen Jubel, aber doch „Grund zu ein bisserl Freude“, sagt Peter Buchmüller, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer. Zuwächse gab es (nominell) in allen vier Quartalen, einen Höchstwert von plus 3,1 Prozent im zweiten Quartal begründet KMU-Handelsforscher Ernst Gittenberger mit dem späten Ostertermin im April. Zwei Einkaufstage weniger führten im vierten Quartal zu einem Minus von (inflationsbereinigt) 1,4 Prozent.
Deutlich stärker gewachsen ist das Geschäft im Internet, das es 2017 auf ein Plus von sechs Prozent brachte – allerdings auf einem vergleichsweise geringen Niveau. Den im stationären Handel insgesamt erzielten Umsätzen von 70,6 Milliarden Euro stehen heimische Online-Umsätze von 3,6 Mrd. Euro gegenüber, das entspricht gerade einmal fünf Prozent. In ähnlicher Größenordnung dürften sich die Umsätze bei ausländischen Online-Anbietern wie Amazon abspielen.
Auch für das heurige Jahr sieht Handelsobmann Buchmüller Anlass zu „vorsichtigem Optimismus“– vorausgesetzt, die positive Stimmung vom Jahresbeginn setzt sich in den nächsten elf Monaten fort. Die stärkere Konjunktur sollte dafür sorgen, dass die Geldbörsen lockerer sitzen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut erwartet heuer einen Anstieg der Konsumausgaben um (nominell) 3,7 Prozent – klar über der prognostizierten Inflationsrate von 2,0 Prozent. Die Sparquote sollte ebenso sinken wie die Arbeitslosenquote.
Für 2017 ergibt sich bei näherer Betrachtung allerdings ein zweigeteiltes Bild. In einer Umfrage unter 4500 Einzelhändlern gaben 42 Prozent an, sie hätten weniger Umsätze gehabt als im Jahr davor, 40 Prozent meldeten dagegen Umsatzzuwächse. Verhalten sind auch die Erwartungen für 2018: 17 Prozent der Befragten gehen von Umsatzrückgängen aus, zehn Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Geschäftsentwicklung – und 73 Prozent erwarten einen stabilen Geschäftsverlauf. Treiber des Wachstums im Vorjahr war der Lebensmittelhandel mit einem Plus von (nominell) 4,1 Prozent. Klar im Aufwind waren auch die Bereiche Schuhe/Leder (+3,3 Prozent), Sportartikel (+2,5), Bekleidung (+1,4) und Baumärkte(+1,5 Prozent), während Elektronikartikel (–1,9 Prozent), Spielwaren (–1,5) und Bücher/Papier (–0,7 Prozent) Rückgänge sahen.
KMU-Forscher Gittenberger nennt zwei Gründe dafür. Zum einen sind das jene Segmente, wo die Konkurrenz durch den OnlineHandel überdurchschnittlich stark ist. Und andererseits beginnen gerade hier die Grenzen zu anderen Branchen zu verschwimmen. Lebensmittelketten, die regelmäßig Elektronikartikel wie Handys anbieten, oder Drogerien mit großen Spielwarensortimenten weichen bisherige Abgrenzungen auf.
Die Zahl der Beschäftigten im Handel stieg im Vorjahr um 2900 oder 0,9 Prozent auf 332.100 Personen, wobei sich Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte in etwa die Waage halten. Der Trend zu leicht sinkenden Einkaufsflächen hält an. Bisher liege Österreich bei Geschäftsflächen und -dichte im europaweiten Spitzenfeld, sagt WKO-Handelsobmann Buchmüller.