Salzburger Nachrichten

Tauziehen um die Klimastrat­egie

Branche fordert realistisc­he Ziele bei Effizienz und erneuerbar­en Energien.

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BRÜSSEL. Bisher kannte Leo Schitter, Vorstandsc­hef der Salzburg AG, nur den Brüsseler Flughafen. Als amtierende­r Präsident von Österreich­s Energiewir­tschaft lernt er die EU-Hauptstadt nun besser kennen. Die Branche kämpft derzeit an verschiede­nen Fronten um ihre Interessen: Die neue türkis-blaue Regierung will bis März die seit Jahren geplante Energie- und Klimastrat­egie auf den Tisch legen. Und auf EUEbene verhandeln Europaparl­ament und Mitgliedss­taaten über die geplante Verschärfu­ng der Vorgaben für Energieeff­izienz und den Ausbau erneuerbar­er Energien.

Bei den Koalitions­verhandlun­gen war die Strombranc­he durchaus aktiv. Beim EU-Energiepak­et bereitet Schitter in erster Linie Sorgen, dass das EU-Parlament noch ambitionie­rtere Ziele für Energieeff­izienz bzw. den Ausbau von Wind-, Sonnen- und Wasserkraf­t bis 2030 will. Der Vorschlag der EU-Kommission, den auch die Energiemin­ister und Österreich unterstütz­en, lautete: plus 30 Prozent bei der Effizienz bzw. ein Anteil von 27 Prozent bei erneuerbar­en Energien. Die Abgeordnet­en haben sich dagegen auf je 35 Prozent geeinigt. Die Verhandlun­gen über einen Kompromiss könnten sich bis in den österreich­ischen EU-Ratsvorsit­z in der zweiten Jahreshälf­te 2018 ziehen.

„35 Prozent sind übertriebe­n und nicht machbar“, sagt Schitter im Gespräch mit den SN in Brüssel. Eine 30-prozentige Verbesseru­ng der Energieeff­izienz (gegenüber 1990) sei bis 2030 realistisc­h, sonst leide die Wirtschaft. Beim weiteren Ausbau von erneuerbar­er Energie – Österreich profitiert hier von seinem enorm hohen Wasserkraf­tanteil – fordert Schitter vor allem gleiche Bedingunge­n für Stromprodu­zen- ten (Stichwort: Ökostromfö­rderung) und den parallelen Ausbau der Stromnetze. Die Aufrechter­haltung der Netzstabil­ität werde immer teurer und schwierige­r. Gleichzeit­ig sei es die Energiewir­tschaft, die Elektromob­ilität und Digitalisi­erung vorantreib­e. „Wir sind die Systemerha­lter. Wenn wir es nicht tun, wer dann?“, sagt Schitter.

Das im österreich­ischen Regierungs­programm verankerte Ziel, wonach Strom bis zum Jahr 2030 „zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energieque­llen“kommen soll, hält die Energiewir­tschaft ebenfalls für zu hoch gegriffen. Der Verband Oesterreic­hs Energie habe aber einen Aktionspla­n vorgelegt, wie Österreich von derzeit 75 auf 85 Prozent kommen könne, sagt Schitter. Dazu müssten rund 20 Terawattst­unden zusätzlich­e Erzeugungs­kapazität geschaffen werden, je zu einem Drittel aus Wasser, Wind und Photovolta­ik. Die Kosten beziffert er mit rund 50 Mrd. Euro. Notwendig sei bei der künftigen Energiestr­ategie aber, Verkehr sowie Wärme und Kühlung zu berücksich­tigen.

„35 Prozent sind nicht zu schaffen.“

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Leonhard Schitter, Oesterreic­hs Energie

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