Küchentester geraten unter Druck
„Guide Michelin“: Nach Spitzenkoch-Ausstieg ist Branche in Bewegung.
So hatten sich die gefürchteten Restaurantkritiker des „Guide Michelin“ihre heurige Sterne-Vergabe wohl nicht vorgestellt. Zunächst erschütterte der Tod von Paul Bocuse zu Jahresbeginn die Welt der französischen Spitzengastronomie. Und vor wenigen Tagen erlaubte Michelin nach langem Überlegen dem südfranzösischen „Küchenrebellen“Sébastien Bras, auf seine drei Sterne zu verzichten.
Am Montag wird der traditionsreiche „guide rouge“in Boulogne-Billancourt bei Paris seine Ausgabe für 2018 vorstellen. Um die Spannung anzuheizen, will Michelin darauf verzichten, die „Chefs“vorher anzurufen, um sie über ihren Aufstieg in der Bewertung zu informieren. Vor der sorgfältig inszenierten Michelin-Show steigt die Nervosität in der Branche. „Wer bekommt einen dritten Stern?“, lautet eine häufig gestellte Frage. Die InternetGastronomieseite Atabula benannte schon einmal 20 Starköche, die mit ihren Häusern potenziell in die Topliga aufsteigen könnten. Unter den Anwärtern sind demnach der Argentinier Mauro Colagreco vom Mirazur in Menton an der Côte d’Azur und Nicolas Sale vom Table de l’Espadon im Ritz-Hotel in Paris. Frauen sind laut Atabula nicht unter den Anwärtern. In die exklusive Drei-Sterne-Liga schaffte es bisher nur eine Spitzenköchin: Anne-Sophie Pic aus Valence.
Egal wie die Vergabe ausfallen wird: Staatschef Emmanuel Macron dürfte es mit Interesse verfolgen. Der 40-Jährige erklärte im vergangenen Herbst vor rund 180 Spitzenköchen Ernährung schlicht zur Staatsangelegenheit. Spitzenküche ist für den Ex-Bankier ein Mittel der Diplomatie, Élysée-Chefkoch Guillaume Gomez begleitete ihn bereits auf Auslandsreisen.