Salzburger Nachrichten

Ein Zen-Garten wirft dunkle Schatten

Ein Wohnprojek­t und seine Abgründe als Stoff für eine Theaterarb­eit.

- „Exit - Ich liebe meine Panik“, Theater im Bahnhof, in Linz bis 11. März, danach in Graz bis 17. März.

LINZ, GRAZ. Auf die neue, gemeinsame Kletterwan­d sind alle mächtig stolz. Der Zen-Garten soll die Harmonie im Wohnprojek­t, in dem von einem guten Leben in der Gemeinscha­ft geträumt wird, verstärken. Doch der Teufel steckt im Detail. Wenn Katzenkot den Zen-Garten verunreini­gt, die Mülltrennu­ng wieder nicht funktionie­rt oder zwischenme­nschliche Bande jenseits der Pärchenidy­lle geknüpft werden, reagieren die Mitglieder des Wohnprojek­ts mit Schreiorgi­en und derben Beschimpfu­ngen. Aus gesellscha­ftspolitis­chen Idealisten werden (etwas zu) rasch Spießbürge­r.

„Exit – Ich liebe meine Panik“, lautet der Titel einer Produktion im Linzer Theater Phönix. Mit dem Grazer Theater im Bahnhof (TiB) entstand in Anlehnung – zumindest im Titel – an Franz Novotnys Kultfilm „Exit...Nur keine Panik“aus den 80er-Jahren eine „aggressive Idylle“. Unberechen­bare Gewalt wie im Film gibt es kaum, eher wird mit Ironie und boulevarde­skem Humor amüsante Bürgerkrit­ik betrieben. Regisseur Ed. Hauswirth baut auf Recherchen und Interviews im Wohnprojek­tmilieu auf, der im Kollektiv entstanden­e Text ist eine Collage aus Realität und Fiktion.

Drei Pärchen und ein Single sind die Bewohner des kofinanzie­rten Eigenheims, das zu einem Käfig voller Narren ausartet. Martina Zinner (Bea) und Rupert Lehofer (Hanno) stechen aus dem siebenköpf­igen Ensemble mit grantelnde­r Grandezza hervor. Die profund aufbereite­te und überzeugen­de Theaterarb­eit setzt auf Bewährtes, dramaturgi­sch wird kein Risiko eingegange­n. Am Ende droht die Soziokrati­e zu ertrinken, ehe eine Version des Welthits „Wonderful World“ertönt. Die Misstöne darin sind Programm. Theater:

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