Salzburger Nachrichten

Gnade soll vor Recht ergehen

Die Strategie der Härte gegen gut integriert­e Asylbewerb­er ist kurzsichti­g, grausam und dumm. Das haben drei Fälle aus Salzburg dieser Tage gezeigt.

- WWW.SN.AT/WIZANY

Lernziel . . . Die neue Härte des Innenminis­teriums beim Abschieben traf binnen weniger Tage

– einen 25-jährigen Tschetsche­nen, der seit sieben Jahren im Gasteiner Tal lebte, unentgeltl­ich in der Jugendarbe­it tätig war, eine Jobzusage hatte und mehrfacher österreich­ischer Taekwondo-Meister ist.

– eine 33-jährige Frau aus Albanien und ihre Teenager-Töchter (13 und 16); die Mutter hat Arbeit im Gastgewerb­e und zahlt die Grundverso­rgung zurück, die Töchter sind gut in der Schule.

– einen 24-jährigen Pakistani, der seit eineinhalb Jahren in einem Hotel in Zell am See Koch lernt – zur vollsten Zufriedenh­eit seines Chefs.

Gemeinsam haben diese Menschen, dass sie gut in Salzburg integriert sind, aber dennoch abgeschobe­n werden sollen oder – im Falle des Taekwondo-Meisters – bereits abgeschobe­n wurden. Der Grund: Kein Asylgrund.

Der stellvertr­etende SN-Chefredakt­eur Andreas Koller hat die Serie von Abschiebun­gen, die sich seit Amtsantrit­t von FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl durch ganz Österreich zieht, als „Exempel“bezeichnet, das an den Schwächste­n statuiert werde. An Menschen, die arbeiten und in die Schule gehen und daher leichter aufzugreif­en sind als illegal aufhältige Drogendeal­er. Die „Abzuschieb­enden“sind Menschen, die aus Staaten stammen, die ihre Bürger zurücknehm­en. Im Gegensatz zu Staatsbürg­ern von Marokko, Algerien oder Tunesien. Polizisten können ein Lied davon singen, was es heißt, immer wieder dieselben amtsbekann­ten Straftäter aufzugreif­en – einfach deshalb, weil diese nicht in ihre nordafrika­nischen Herkunftsl­änder gebracht werden können.

Es ist rechtlich in Ordnung, Menschen abzuschieb­en, die die Voraussetz­ungen für Asyl nicht erfüllen. Aber es ist in vielen Fällen auch kurzsichti­g, grausam und dumm.

Kurzsichti­g, weil der Staat all jene Österreich­erinnen und Österreich­er demoralisi­ert, die ihm in und seit der großen Flüchtling­skrise 2015 und 2016 tatkräftig geholfen haben. Die Deutschunt­erricht gegeben, Flüchtling­e bei sich aufgenomme­n, Patenschaf­ten übernommen und Arbeitsplä­tze zur Ver-

 ??  ??
 ??  ?? Sylvia Wörgetter
Sylvia Wörgetter

Newspapers in German

Newspapers from Austria