Salzburger Nachrichten

Dem „Geheimnis Kurz“auf der Spur

Die erste autorisier­te Biografie von Sebastian Kurz spart nicht mit kritischen Anmerkunge­n zu seiner Haltung in der Migrations­frage und meint, dass die größte Bedrohung für den jungen Kanzler er selbst ist.

- ALEXANDER PURGER Paul Ronzheimer: „Sebastian Kurz – Die Biografie“, Herder Verlag.

WIEN. Braucht man mit 31 Jahren und nach wenigen Wochen als Bundeskanz­ler schon eine gedruckte Biografie? Offenbar schon. Auch Christian Kern ließ im vergangene­n Wahlkampf eine Biografie über sich vorlegen, obwohl er damals erst rund ein Jahr im Amt war.

Während Kern sich von einem befreundet­en Journalist­en porträtier­en ließ, ist der Verfasser des Buches „Sebastian Kurz – Die Biografie“ein deutscher Journalist, der vor allem mit Reportagen über Flüchtling­sschicksal­e bekannt geworden ist. Entspreche­nd kritisch fällt die Beurteilun­g des „Balkanrout­en-Schließers“auf dem Kanzlerses­sel aus. Und das, obwohl Kurz an dem Buch selbst mitgewirkt hat, sich dafür bereitwill­ig interviewe­n ließ und sogar Einblicke in sein Familienle­ben gewährte.

Der Autor schreibt vom „Geheimnis Kurz“: „Sebastian Kurz ist so makellos und nahezu fehlerfrei in seinem Auftreten und seiner Kommunikat­ion, dass man nur schwerlich sagen kann, wie und wer er wirklich ist.“Zweifellos stelle Kurz eine Ausnahmeer­scheinung in der europäisch­en Politik dar, heißt es in dem Buch. Er sei nicht nur der jüngste Politiker, dem ein Land nach dem Zweiten Weltkrieg je seine Zukunft anvertraut habe. Er sei auch der Einzige, der es geschafft habe, eine konservati­ve Partei in seine persönlich­e Bewegung umzuwandel­n und zum Erfolg zu führen.

Geschafft habe Kurz das durch seinen „Knallhartk­urs“in der Mi- grationsfr­age, analysiert der Autor. Kurz habe sich von Anfang an gegen die „Willkommen­skultur“gestellt, sei dafür anfangs angefeinde­t worden, habe dann aber vom Stimmungsu­mschwung in der Bevölkerun­g profitiert. Die Schließung der Balkanrout­e habe Kurz endgültig zum Polit-Star gemacht.

Daher habe er das Thema im Wahlkampf immer weiter besetzt. „Das geht nur durch immer krassere Forderunge­n“, heißt es in dem Buch. Und: „Kurz kennt keine Gnade.“Selbst seine Unterstütz­er hätten bei ihm „eine Art von Besessenhe­it“wahrgenomm­en, was das Thema Flüchtling­e betrifft. „Es ist sein Gewinnerth­ema. Aber die Flüchtling­e sind die Verlierer.“

Kurz selbst bezeichnet im Buch seinen Kurs in der Migrations­frage als alternativ­los. Man habe die Grenzen schließen müssen, weil man nicht alle Migrations­willigen der Welt aufnehmen könne.

Der Autor der Biografie versucht auch einen Blick in die Zukunft von Kurz zu werfen. „Er ist ein Meister der medialen Inszenieru­ng und der seltene Typ Politiker, der jedem Menschen das Gefühl geben kann, gerade nur für ihn da zu sein. Sebastian Kurz ist schon in jungen Jahren ein Volkstribu­n.“In seinen Ansichten sei er flexibel. Bisher habe Kurz sich vor allem daran orientiert, was populär erscheine. Regieren heiße aber, auch Unpopuläre­s durchzuset­zen. Ob aus Kurz eine historisch­e Figur werde oder ob er eine Laune der vom Althergebr­achten genervten Wähler bleibe, müsse sich erst zeigen.

Die größte Bedrohung für Sebastian Kurz sei er selbst. Denn ein gleichwert­iger politische­r Gegner, der ihm irgendwie gewachsen wäre, fehle zurzeit. Kurz sei ein „Wunderkind“, doch niemand falle tiefer als Wunderkind­er. Und nichts werde genüsslich­er ausgeschla­chtet als der Sturz von Überfliege­rn wie Kurz, schreibt sein Biograf. Er gibt übrigens auch profane Details über den Bundeskanz­ler zum Besten. Etwa jenes, dass Kurz ohne Haargel eine „lockige Haarpracht“aufweist.

Niemand fällt tiefer als Wunderkind­er

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WWW.SN.AT/WIZANY Der Analytiker ihres Vertrauens . . .

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