Der K(r)ampf der Pässe und der Nationalisten
Die Frage der Doppelpässe für Südtiroler gerät zum Konflikt diverser chauvinistischer Befindlichkeiten.
Die Idee der Freiheitlichen, allen deutschsprachigen Südtirolern österreichische Pässe anzudienen, hat nicht nur Skeptiker hellhörig gemacht, sondern auch politische Parteien, die wenigstens teilweise ähnlich gestrickt sind wie die FPÖ. So hat die deutsche Absage auf Internationalität und menschliche Solidarität, die AfD, die Südtiroler kürzlich taxfrei zu „Deutschen“erklärt. Da man nicht annehmen darf, dass ausgerechnet die rechten Recken von der AfD die Geschichte nicht kennen, muss man annehmen, dass für die AfD überall dort Deutschland ist, wo Deutsch gesprochen wird.
Da müssen wir Österreicher uns also warm anziehen, wenn dieser Ungeist Schule machen sollte. Und die Liechtensteiner und die Ostschweizer und die Elsässer und die Leute in mehr oder weniger kleinen deutschsprachigen Enklaven in allerlei europäischen Ländern. Denn wo die AfD Ansprüche auf Eingemeindung stellt und die Leute „heimholen“will, ohne sie zu fragen, ob sie das auch wollen, da bleibt kein Auge trocken. Man erinnere sich nur an die Witze, die nach der deutschen Wiedervereinigung kursierten, von wegen: „Und euch Ösis holen wir uns auch noch.“
Ein bisschen erinnert das Ganze an den großen Freund aller populistischen und nationalistischen Parteien Westeuropas, Wladimir Putin. Der hat ja auch schon einmal erklärt, Russland sei dort, wo ethnische Russen lebten und Russisch gesprochen werde. Und der Überfall auf die Ukraine mit anschließender Annexion hat mit der Verteilung russischer Pässe an die Bewohner der ukrainischen Krim begonnen. Ganz nebenbei hat Putin den baltischen Staaten einen gehörigen Schrecken eingejagt, denn auch dort leben viele Russen – vor allem, weil sie von den Kommunisten dort angesiedelt wurden, um Moskaus Gebietsansprüche auf diese Länder zu untermauern.
Wie werden sich denn in der nächsten Zu- kunft die FPÖ und die AfD in Bezug auf Südtirol einigen? Bekommen die Menschen dort neben dem italienischen auch noch einen deutschen und einen österreichischen Pass? Das wäre dann nicht ein Doppelpass, sondern ein Tripelpass. Leben dort dann deutschösterreichische Italiener oder italienisch-deutsche Österreicher oder österreichisch-italienische Deutsche?
Man könnte die Sache aber auch von einer ganz anderen Seite betrachten. Mit dem Südtirol-Abkommen und der EU-Mitgliedschaft der drei Staaten verliert die Frage, was auf dem Reisepass unter der Bezeichnung „Europäische Union“sonst noch steht, an Bedeutung. Aber dann könnten sich nationalistische Politiker und Parteien nicht mehr als Hüter und Beschützer nationaler Gefühle aufspielen. Und das fiele diesen Leuten wohl sehr schwer.