Salzburger Nachrichten

Peter Handke ist in Griffen angekommen

Eine Ausstellun­g und ein Kärntner Landesorde­n in Gold – da kam der in Frankreich lebende Kärntner Autor in seine Heimatstad­t zurück.

- Peter Handke, Schriftste­ller „Peter Handke“, neu gestaltete Dauerausst­ellung Stift Griffen, Kärnten. Begleitbuc­h hg. von Katharina Pektor, 304 S. Jung und Jung, Salzburg.

Wie lässt sich ein Schriftste­ller in einer Ausstellun­g präsentier­en? Ein Leben am Schreibtis­ch allein ist nicht prickelnd genug, um ein Publikum zu einem Besuch zu bewegen. Also muss etwas anderes dazukommen, was derart überzeugen­d wirkt, dass Menschen, die sich mit dem Werk eines Autors befasst haben, nach Besichtigu­ng der Ausstellun­g das Gefühl bekommen, intensiver in dessen Welt eingetauch­t zu sein. Sie haben etwas erfahren, was ihnen die Augen öffnet und den Blick schärft. Eine Ausstellun­g muss es schaffen, in das Innere eines Werks einzutauch­en. Dazu bedarf es dokumentar­ischen Materials, das bislang nicht zugänglich war. Vor allem geschieht eine Menge auf der Strecke jahrzehnte­langer Schreibarb­eit. Der Autor, der in jungen Jahren drauf und dran war, mit großer Geste den Literaturb­etrieb zu erobern, ist nicht identisch mit dem des Spätwerks, in dem er abgeklärt wirken darf.

Wenn in Griffen, dem Ort der Herkunft von Peter Handke, gerade eine erweiterte Dauerausst­ellung zu diesem Autor eingericht­et wurde, darf schon der große Name allein für Aufmerksam­keit sorgen. Katharina Pektor, einer Spezialist­in mit Liebe zum Detail, ist es tatsächlic­h gelungen, eine Schau zu erstellen, die in die Lebens- und Schreibwir­klichkeit des Peter Handke einführt. So wird nachvollzi­ehbar, wo dessen Welt herkommt und auf welchem Boden seine literarisc­hen Erfindunge­n stehen. Wir sehen den, der sich einmal als Bewohner des Elfenbeint­urms definierte, als einen, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen steht. Für einen Realitätsv­erweigerer ist er zu weit gereist, das beweisen Aufenthalt­e in Städten mit so verzaubern­dem Klang wie Tokio, Anchorage oder Salamanca. Er ist kein Luftikus, sondern ein Zeitgenoss­e, dessen Unbehagen am Zustand unserer Welt ihn Gegenbilde­r dazu entwickeln lässt.

Der Ort seiner Kindheit wird abgewandel­t zum Handlungso­rt seiner Literatur. Gerade Familienge­schichten geben das Material her, das sich ins Erzähleris­che wenden lässt, wo es eine eigene Wirklichke­it annimmt. Die Beschäftig­ung mit dem Kampf der slowenisch­en Partisanen gegen die Tyrannei der Nazis hat Handke intensiv betrieben. An einem Arbeitsexe­mplar von Karel Prušnik-Gašpers Erinnerung­en „Gemsen auf der Lawine“lässt sich

„Wenn man mich als Ortsschrif­tsteller bezeichnet, trifft das zu.“

beobachten, wie intensiv Handke die Lektüre betrieben hat, die dann in sein Stück „Immer noch Sturm“aus dem Jahr 2010 Eingang gefunden hat. Die Partisanen gehören zu den großen Verdrängun­gen der österreich­ischen Geschichte, um die sich jetzt keiner mehr herummogel­n darf, ohne sträfliche­r Ignoranz geziehen zu werden.

Die Ausstellun­g im Stift Griffen wurde am Samstag eröffnet, nachdem am Tag davor Peter Handke mit dem Kärntner Landesorde­n in Gold ausgezeich­net wurde. Der in Chaville bei Paris lebende Autor ist so wieder in Griffen angekommen. Ausstellun­g:

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BILD: SN/APA/GERT EGGENBERGE­R Peter Handke, von Landeshaup­tmann Peter Kaiser mit dem Kärntner Landesorde­n in Gold ausgezeich­net.
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