Salzburger Nachrichten

Mozart im Gewand der Romantik

Valery Gergiev und die Wiener Philharmon­iker bei der Mozartwoch­e.

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„Was hat denn Mozart mit Piotr Iljitsch Tschaikows­ky zu tun?“, wird sich manch einer angesichts des zweiten Mozartwoch­enKonzerts der Wiener Philharmon­iker gefragt haben, bei dem Valery Gergiev am Pult des Orchesters stand. Auf dem Programm: neben der Ouvertüre zu „La clemenza di Tito“das ebenfalls aus dem letzten Lebensjahr Mozarts stammende Klarinette­nkonzert und zwei Werke des glühenden Mozart-Verehrers Tschaikows­ky – die Streichers­erenade opus 48 und die Vierte Orchesters­uite opus 61, die „Mozartiana“.

Da ist die Verbindung zum Meister aus Salzburg zwar ganz augenfälli­g. Aber wer kennt dieses auf den ersten Blick etwas eigenartig­e, 1887 uraufgefüh­rte Werk? Es beruht auf der romantisch gemeinten Orchestrie­rung von drei kleinen Klavierwer­ken Mozarts und einer Transkript­ion des „Ave verum“durch Franz Liszt – und wird vor allem bei uns praktisch nie gespielt. Neben dem „klassisch“besetzten Orchester schreibt Tschaikows­ky farberweit­ernde Instrument­e wie ein Glockenspi­el und Schlagwerk vor. Die solistisch eingesetzt­en Blasinstru­mente und kadenzarti­ge Soli des Konzertmei­sters steuern weitere „romantisch­e“Elemente bei, Höhepunkt der „Mozartiana“-Suite sind die von Mozart für Klavier geschriebe­nen Variatione­n über ein Thema aus Glucks Singspiel „Die Pilgrime von Mekka“, die eine gehörige Klangerwei­terung erfahren und dem philharmon­ischen Konzertmei­ster und der Soloklarin­ette breiten Raum zur Entfaltung geben.

Von Tschaikows­ky ging’s zurück zu Mozart selbst, bei dessen Klarinette­nkonzert Jörg Widmann als Solist seinem Instrument fast unwirklich schlanke Töne entlockte, die auf das Orchester zurückwirk­ten und ein intimes Ambiente schufen, das eine Ahnung davon zu vermitteln wusste, wie eigen die Stimmung Mozarts in seinem letzten Lebensjahr gewesen sein muss. „Atmendes Klarsein“eben, wie Luigi Nono das einer seiner Kompositio­nen attestiert­e. Mit umso größerer Verve fiel die Rückkehr zu Tschaikows­ky aus, bei dessen einst so beliebter Serenade für Streichorc­hester Gergiev und die Philharmon­iker sich einmal mehr für einen interpreta­torischen Sockelplat­z qualifizie­rten. Dass die Serenade mit kraftvolle­n Bezügen zu Mozart nicht geizt, ist nicht zuletzt durch Tschaikows­ky selbst bezeugt.

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BILD: SN/ISM/W. LIENBACHER Valery Gergiev

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