Faust sucht einsam nach Sinn und Glück
Der ungarische Regisseur David Marton zeigt nun – nach Lyon – „La Damnation de Faust“von Hector Berlioz auch im Linzer Musiktheater.
LINZ. Kooperationen von Opernhäusern sind keine schlechte Idee. So kommt Linz jetzt in den Genuss einer im Herbst 2015 in Lyon entstandenen Inszenierung der als „dramatische Legende“bezeichneten „Damnation de Faust“von Hector Berlioz. Das originelle, zwischen Oratorium, Oper, Symphonie und Requiem changierende Werk darf man mit heutigen Begriffen durchaus zum „experimentellen Musiktheater“zählen, so es nicht obligat konzertant gegeben wird. Vor allem der Chor wird aufs Äußerste gefordert – und das Linzer Kollektiv macht denn auch beeindruckende, vielfach ausdifferenziert beste Figur, zumal Regisseur David Marton den Part sogar fallweise erweitert und mit komplexen Bewegungschoreografien herausfordert.
Der 1975 geborene Ungar ist ausgebildeter Pianist und Dirigent mit profilierter Theatererfahrung unter anderem bei Christoph Marthaler und Frank Castorf. Das „Patchwork“der Berlioz’schen Dramaturgie, ihre formale Offenheit kommt dem Regisseur entgegen, der gerne klassische Opern hinterfragt, zerlegt und neu zu eigenen Werken zusammensetzt. Also interpoliert er auf einer Baustellenbühne (Christian Friedländer) chorisch oder solistisch, deutsch oder auch englisch gesprochene Texte aus Goethes „Faust“als eigene „Textmusik“-Flächen. Mephisto lenkt als Universalbeamter (Michael Wagner macht robusten Eindruck) die Masse nach seinem Gutdünken, einmal somnambul, dann surreal à la René Magritte.
Im Übrigen fasziniert in dieser „Damnation“– an deren Ende der Teufel, begleitet von einer Kamera, das Theater verlässt und in der Anonymität der Stadt verschwindet: Das Böse ist schließlich in uns allen – Martons Talent, szenische Lösungen klug und durchdacht aus der Musik heraus zu inszenieren. Das sichert vor allem dem ersten Teil, in dem Faust als lonesome (cow)boy wie ein ewiger Weltenwanderer unterwegs ist auf der Suche nach Glück und Sinn, zwingende Kraft. Mit Charles Workman, der schon in Lyon dabei war, hat die Aufführung das faszinierende singschauspielerische Zentrum. Die „teuflischen“Höhen der Partie nimmt Workman mit eleganter Leichtigkeit, sein Tenor klingt in allen Phasen fabelhaft transparent. Schade, dass keine Margarethe von ähnlichem Gewicht zur Stelle ist. Jessica Ecclestone singt in einem sopranistischen Ungefähr von beängstigender Blässe. Diese Eigenschaft einer seltsamen „faiblesse“muss man mehr und mehr auch dem Dirigenten Markus Poschner anlasten. Er ist mit dem Bruckner Orchester zwar auf der Suche nach subtilen Klangfarben, nach Verdeutlichung origineller musikalischer Kombinationen, vergisst darüber aber schon beim wunschkonzertberühmten, hier seltsam blutarmen Ungarischen Marsch auf (zu)packende Konturenschärfe oder gar dramatisch zugespitzte Effekte. Mehr Fleisch, weniger Löcher: Das würde der zunehmend zerfallenden Aufführung Halt und Haltung geben. Oper: 1783: Die sizilianische Stadt Messina wird durch ein Erdbeben zerstört. Verwüstet werden auch Teile Kalabriens – mehr als hunderttausend Tote. 1933: Hitler verzichtet auf das dem deutschen Reichskanzler zustehende Gehalt – mit der offiziellen Begründung, dass er sich sein Einkommen „als Schriftsteller selbst verdient“. 1943: In Mexiko beginnt der Prozess gegen Ramón Mercader, der als Sowjet-Agent den exilierten Leo Trotzki tödlich verletzt hatte. 1988: Zugunsten der Wohltätigkeitsorganisation Comic Relief wird in Großbritannien erstmals der „Red Nose Day“abgehalten. Die BBC veranstaltet eine mehrstündige Fernsehshow, in der Prominente die Bevölkerung um Spenden bitten. Geburtstage: Carl Spitzweg, dt. Maler (1808–1885); André Gustave Citroën, frz. Großindustrieller (1878–1935). Todestage: Hans Jonas, dt.amer. Philosoph (1903–1993); Joseph L. Mankiewicz, USFilmautor und Regisseur (1909–1993). Namenstage: Agatha, Adelheid, Hildegard, Domitian, Paul, Elisabeth, Klemens.