„Einmal will ich auf das Podest steigen“
Mit der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang am kommenden Freitag wird für die in der Steiermark lebende Sabrina Simader ein lang gehegter Traum in Erfüllung gehen. „Mein Adoptivvater hat immer zu mir gesagt, dass ich einmal bei Olympia dabei sein werde. Ich hab es natürlich auch gehofft und jetzt ist es so weit. Das freut mich voll“, sagt die 19-jährige Afrikanerin, die seit ihrem dritten Lebensjahr in Österreich wohnt. Erst in St. Johann am Wimberg in Oberösterreich und später dann in Haus im Ennstal, wo Simader beste Voraussetzungen für ihre Leidenschaft vorfindet: den Skisport.
In Südkorea will die Kenianerin mehr sein als bloß eine Olympiatouristin, sie will sich auch abheben vom „Exoten“-Image – die internationale Presse berichtete bereits über „Kenya’s Snow Leopard“– oder Jetset-Abenteurern wie etwa Hubertus von Hohenlohe, der weiland für Mexiko an den Start ging. „Ich will bei Olympia eine Topperformance abliefern, alles umsetzen, was ich bisher gelernt habe.“Will heißen: „Unter die Top 40 kommen und den Zeitrückstand so gering wie möglich halten.“
Eine junge Kenianerin in Österreich. Am Anfang war alles neu und ungewohnt: „Ich habe ja zuvor noch nie Schnee gesehen und mit der Kälte konnte ich mich anfangs überhaupt nicht anfreunden.“Ihr Adoptivvater, ein Oberösterreicher, der auch als Skitrainer tätig war, förderte die kleine Sabrina, wo es nur ging. Am hauseigenen Lift wurde trainiert, mit fünf Jahren ist sie schon erstmals bei Vereinsmeisterschaften an den Start gegangen. Die Förderung durch Josef Simader ging weiter: „Ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Leider kann er das nicht miterleben, er ist 2012 überraschend gestorben.“Die 19-Jährige aus der kenianischen Küstenstadt Kilifi spricht eine Mischung aus oberösterreichischem und steirischem Dialekt. Betreut wird sie heute von Christian Reif, er ist zugleich ihr Trainer und ihr Servicemann; auch Mutter Sarah ist Teil des Teams, zu dem sich mit Klaus Tritscher auch ein professioneller Manager gesellt hat.
Für die Winterspiele qualifiziert hat sich Simader über FIS-Punkte in den Disziplinen Riesenslalom, Super G und Slalom. „Antreten werde ich aber nur in meinen Spezialdisziplinen Super G und Slalom“, sagt die 19-Jährige, die ihr Weltcupdebüt im Vorjahr in Marburg gab. Mit der Startnummer 73 kam sie im Slalom mit rund acht Sekunden Rückstand ins Ziel. Was den 61. und letzten Platz bedeutete. „Bei mir gibt es natürlich andere Grundvoraussetzungen als etwa im österreichischen Skiteam, wo für die Mädchen viel organisiert wird.“Auch bei den Finanzen hat es die junge Kenianerin nicht leicht. Beim Projekt Olympia bewege man sich „sehr am Limit“, nur über Crowdfunding und Sponsoren sei die Reise nach Südkorea ermöglicht worden. Wie die 19-Jährige in ihrer Heimat wahrgenommen wird? „Es gab zuletzt eine Reihe von Medienanfragen, aber Skifahren ist in Kenia natürlich nicht im allgemeinen Blickfeld.“Auch das Nationale Olympische Komitee ist nicht auf Wintersport fokussiert, mit einer finanziellen Unterstützung konnte die WahlSteirerin nicht rechnen. Neben ihrer Skikarriere schließt die 19-Jährige demnächst die HAK/HAS in Liezen ab, beruflich will sie sich aber in naher Zukunft ganz eindeutig auf den Skirennlauf konzentrieren. „Natürlich will ich irgendwann auch einmal auf das Podest kommen, zuerst lautet mein Ziel, einmal in den Top 30 im Weltcup zu landen.“
Fallweise kann die gebürtige Afrikanerin auch mit den rot-weiß-roten Speeddamen mittrainieren, was Simader sehr freut: „Der Umgang ist sehr freundschaftlich, ich werde nicht als Konkurrentin angesehen.“Was die Olympionikin in ihrer Freizeit treibt? „Am liebsten gehe ich in die Berge, in der frischen Luft bekomme ich den Kopf frei“, sagt Simader, die auch Kikuyu und Swahili, die Sprachen ihrer Verwandten in Kenia, spricht. Als Ausgleich zum Spitzensport betreibt sie Yoga: „Das hilft mir, meine Mitte zu finden.“In Südkorea wird Sabrina Simader auch als Fahnenträgerin für ihre alte Heimat fungieren. Österreich hat sie mittlerweile schätzen und lieben gelernt: „Ein wunderbares Land mit vielen Vorteilen und Selbstverständlichkeiten, die eigentlich Luxus sind.“In Haus im Ennstal fühlt sie sich wohl, auch in Oberösterreich, wo sie Teile ihrer Kindheit verbracht hat. Negative Erfahrungen mit der lokalen Bevölkerung habe sie keine gemacht, sagt Simader, die für Fotoshootings auch im steirischen Dirndl posiert: „Ich habe meine Wurzeln in Kenia, bin mittlerweile eine Österreicherin. Bei mir mischt sich sehr viel.“
Ihr erster internationaler Großbewerb war die Weltmeisterschaft in St. Moritz im vergangenen Jahr. Die dreifache steirische Schülermeisterin belegte dort den 39. Platz im Super G. Bei einem FIS-Rennen in Madonna di Campiglio wurde sie im Riesenslalom Fünfte. Sabrina Simader hat Hunger auf größere Erfolge.