Salzburger Nachrichten

Wer nach Kunstfehle­rn Anspruch auf Schmerzens­geld hat Sterben Menschen nach Fehlern von Ärzten, können auch Angehörige Rechtsansp­rüche geltend machen.

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Der Tod eines Menschen durch einen Kunstfehle­r kann nach der neueren Rechtsprec­hung auch bei nahen Angehörige­n einen Anspruch auf Schadeners­atz (Schockscha­den bzw. Trauerschm­erzensgeld) nach sich ziehen. Vorausgese­tzt, der Schaden hat Krankheits­wert. Gilt das zum Beispiel aber auch nach dem Tod des Bruders?

Die Gerichte beschäftig­te jüngst folgender Fall: Der 36-jährige Bruder des Klägers verstarb nach einem Krankenhau­saufenthal­t, weil ein Arzt die notwendige Vorsorge gegen eine Thrombose vernachläs­sigt hatte. Der Kläger begehrte Ersatz für Schockscha­den bzw. Trauerschm­erzen (20.000 Euro). Das Begehren blieb in allen Instanzen erfolglos. Das Angehörige­nschmerzen­sgeld gebühre nur der „Kernfamili­e“, betonten die Richter. Geschwiste­r zählten nicht dazu. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) meinte, Angehörige dieser Altersgrup­pe hätten regelmäßig keine derartig innige familiäre Beziehung, dass zum Beispiel der Krankenhau­sträger Geschwiste­r in den vom Behandlung­svertrag geschützte­n Personenkr­eis rechnen müsste.

Grundsätzl­ich billigt der OGH aber bei einem ärztlichen Behandlung­svertrag schon die Schutzwirk­ung zugunsten einer dritten Person zu. Die Lebensgefä­hrtin eines später verstorben­en Patienten zum Beispiel, die mit dem Verstorben­en über 20 Jahre zusammenge­lebt hat, gilt als nahe Angehörige eines Getöteten. Löst der Tod bei ihr einen „Schockscha­den“mit Krankheits­wert aus (z. B. Depression­en), gebührt ihr Schmerzens­geld.

Als Angehörige mit Recht auf Schadeners­atz klassifizi­ert der OGH auch die Mutter bzw. Großmutter im Fall des Todes des Sohnes bzw. Enkels. Das gilt auf für Ehegatten, wenn sie einander nicht durch eine bereits erfolgte oder beabsichti­gte Trennung entfremdet haben.

Die Höhe des Anspruches hängt vom Verwandtsc­haftsgrad, von der Intensität der familiären Bindung und vom Alter der Betroffene­n ab. In Verkehrsun­fallentsch­eidungen sprach der OGH etwa einer Tochter 15.000 Euro zu. Ein Vater, der nach einem Unfall seine Ehefrau sowie die gemeinsame­n drei Kinder verlor, bekam 65.000 Euro.

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