ÖVP drängt FPÖ zu Aufarbeitung
Sobotka ruft Koalitionspartner auf, sich der Geschichte zu stellen.
WIEN. Die ÖVP erhöht den Druck auf den freiheitlichen Koalitionspartner, die Liederbuch-Affäre endgültig zu bereinigen und zu einer grundlegenden Aufarbeitung der Parteigeschichte zu nutzen. „Jeder, der sich nicht der Geschichte stellt, wird von der Geschichte gestellt, schneller, als man denkt“, sagte am Sonntag Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).
Es liege nun in der Eigenverantwortung der FPÖ, eine Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Lagers einzusetzen und sie mit unumstrittenen, international renommierten Wissenschaftern zu besetzen. Zum Thema Burschenschafter in der FPÖ sagte der Nationalratspräsident, jeder Parlamentarier müsse wissen, in welchem Verein er tätig sei.
Einen Imageschaden für die Koalition befürchtet der ÖVPPolitiker durch die Liederbuch-Affäre nicht: „Wir können im Gedenkjahr klar zei- gen, was unsere Haltung ist.“Grundsätzlich gelte aber: „Wir brauchen nicht die Hysterie, sondern wir brauchen die Historie.“Die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ), die selbst Mitglied von zwei Mädelschaften ist, sagte am Sonntag, alle Burschenschafter, mit denen sie zu tun habe, seien ganz normale Leute. Antisemiti- sche oder rassistische Lieder habe sie nie erlebt. Die geplante Historikerkommission sei aber aus Gründen der Psychohygiene angebracht. Außerdem könne die FPÖ damit den linken Kräften entgegenwirken, die ihr nur Böses wollten, sagte Kitzmüller. Grundsätzlich pochte sie für die Regierung auf die übliche Schonfrist von hundert Tagen.