Es ist angerichtet: Haferschleim, Fleischbrühe und Schlachtschüssel
Achtung, Achtung! Alle Germanen, die ihr Leben wirklich genießen wollen, sollten sich schleunigst in fränkische Obhut begeben.
Vorige Woche berichteten wir an dieser Stelle über die Überlegenheit der Kochkunst gegenüber nationalistischem Gedankengut. Der Anlass war ein grausliger Text in einem Liederbuch der Burschenschaft Germania.
Die Reaktionen unserer Leser waren konstruktiv. Frau Heide Zink etwa übergab uns eine Sammlung historischer Speisekarten. Bei deren Durchsicht fiel uns auf, dass in den 1930er-Jahren sogar schon die Urlauber auf den Krieg vorbereitet wurden. So war die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“häufig mit der „MS-Berlin“nach Norwegen unterwegs. Da war jeder Tag straff organisiert. Die Karte des 29. Juli 1939 beginnt mit einem gnadenlosen Programmpunkt: „7.00 Uhr: „Wecken!“Über ein knackiges Frühstück mit „Haferschleim“und den Vormittags-Snack „Fleischbrühe in Tassen“kämpften sich die Urgermanen – Pardon: die Urlauber bis Mittag zur „Thüringischen Schlachtschüssel“durch. Nach dem Fahnen-Appell gab es abends „Labskaus mit Delikateßgurke und Rollmops“. Solcherart gewappnet bezog man im Rahmen eines „Bayerischen Bierabends“Stellung. Dann der kolossale Schlusspunkt: „24 Uhr: Ruhe im Schiff!“
Unsere Leserin Renate Langer wiederum fühlte sich an Franz Grillparzers Theaterstück „Weh dem, der lügt!“erinnert. Sie schrieb der Teufelsküche: „Dort verpflichtet sich ein fränkischer (also französischer) Koch, eine Geisel aus der Hand der Germanen zu befreien, ohne dabei zu lügen. Nicht nur, dass er nicht lügt, er benützt sogar seine Kochkunst als friedliche Waffe, indem er so scharf würzt, dass die Germanen vor lauter Durst viel Wein trinken, was die Geiselbefreiung sehr erleichtert.“Das erinnert wiederum an den französischen Gourmetkritiker Curnonsky. Während des Ersten Weltkriegs waren in deutschen Truppenzeitungen jede Menge Hinweise enthalten, wie man seinen Feinden das Leben nimmt. Curnonsky war eher daran interessiert, die Moral der französischen Soldaten zu heben. Das führte zu praktischen Kolumnen wie dieser: „Wie zerlege ich einen Hasen, der mir bei der Patrouille zufällig vor die Flinte gelaufen ist?“
Woher kommt nun diese offensichtliche Unfähigkeit der Germanen, ihr Leben wie Gentlemen zu genießen? Da führt die Spur bis Walhall. Schon dort war der Koch Andhrimnir angekettet dem Ruß ausgesetzt, während sich sein Chef Odin mit sündhaften Hintergedanken und harten Keksen der Witwe des Kochs näherte. Noch etwas: Wussten Sie, dass Friedrich Zweigelt ein Nazi war, der sogar einen seiner Studenten der Gestapo ans Messer lieferte? Seit Ihr Teufelskoch das weiß, frisst er in der Not zwar noch Fliegen – aber Zweigelt kommt ihm keiner mehr über die Lippen.
Auch hier gilt: Es lebe der Blaufränkische!